Der Monat November dient der Besinnung. Es ist Zeit, über das Leben nachzudenken. Lesen Sie das hoffnungsfrohe Gedicht von Marzell Stählin aus Lachen am Zürichsee – und geben Sie dem Novemberblues keine Chance.
Novämber
Von Marzell Stählin
Goldbunti Bletter decket d’Strouss;
Ganz kahl stönd d’Bäum und nackt und blous
Tüfgrau isch d’Wält und alls verhänkt;
’s läbt jede Mänsch für sich und dänkt
As Stärbe.
Im Garte schnidsch de letschti Struss,
Das letschti Gmües nu treisch is Hus.
Verlasse, still, mit gsänktem Chopf
Nu dänkt de letschti Rousechnopf
As Stärbe.
De Rousechnopf wird use treit,
Em liebschte Mänsch uf s’Grabbett gleit,
De Friedhouf isch ei Astreflour,
Stumm schwygt e gläubigs Volk devour
Vom Stärbe.
I Bode chunt e gsundi Rueh.
Er lyt und schlouft und traumt dezue.
Es traumt? Vo was? Vo Sunneschy!
Vo früschem Grüen! Und glaubt deby
Für’s nächsti Jouhr, für eyb‘ gi Zyt
As Wärde.
Kurzportrait Marzell Stählin
Marzell Stählin (1928-1985) ist in Lachen im Kanton Schwyz aufgewachsen. Dort führte seine Mutter das Restaurant Rosengarten. Nach dem Lehrerseminar wirkt Marzell Stählin zehn Jahre lang an der kleinen Bergschule in Muotathal-Bisisthal. Dann zog es ihn wieder an den Zürichsee, wo er rund 25 Jahre lang als Primarlehrer unterrichtete. Neben der Schule galt seine Leidenschaft dem Brauchtum. Marzell Stählin hat weit mehr als 100 Gedichte in echter Lachner Mundart verfasst, die vorab alltägliche Begebenheiten und vielfältige Überlieferungen aus dem Dorfleben beschreiben.
Quellenangabe
Kaspar Michel (Hrsg.): Mys Dorf am Sey. Die Gedichte von Marzell Stählin über Lachen und die Lachner. Lachen 1985. Gedicht Novämber, Seite 23.
Kulturkommission des Kantons Schwyz (Herausgeberin): Schwyzer Art. Schwyzer Hefte, Band 70, Schwyz 1996, Novämber, Seite 14.
Die kantonale Kulturkommision Schwyz und die Familie Michel haben SICHTWEISENSCHWEIZ.CH das Recht zur Reproduktion erteilt.
Bildnachweis: Lena Helfinger auf Pixabay
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