Einfach nur Schweigen ist noch lange kein Aktives Zuhören. Wer im Beruf aktiv zuhört, kann Kunden zu Stammkunden, Mitarbeiter zu Mitverantwortlichen, Lieferanten zu Problemlösern, Geschäftspartner zu Vertrauensleuten und Vorgesetzte zu richtigen Chefs werden lassen.
Aktiv Zuhören im Business heisst, etwas zur gemeinsamen Sache zu machen. Das Gegenüber soll in eine verbindliche Abmachung eingebunden, nicht besiegt oder gar vernichtet werden. Das funktioniert aber nur, wenn die Verbindung mit dem Gegenüber aufgebaut und bei aller Unterschiedlichkeit der Standpunkte bestehen bleibt. Daher sind die zwölf goldenen Regeln des aktiven Zuhörens ein zentraler Kern jedes gelingenden beruflichen Gesprächs.
1. Wozu hören Sie eigentlich aktiv zu?
Prüfen Sie sich selbst: will ich wirklich wissen, was der andere meint? Oder suche ich bloss nach Anhaltspunkten, ihn zu widerlegen? Oder höre ich gar bloss aus Höflichkeit, pro forma zu? Aktives Zuhören meint, tatsächlich wahrnehmen zu WOLLEN, was das Gegenüber zu sagen hat. So laufen Sie weniger Gefahr, dass wertvolle Inhalte womöglich überhört werden. Gleichzeitig nutzen Sie die Kunst des Aktiven Zuhörens, um Vertrauen zu schaffen. Ihr Gegenüber nimmt Ihre Aufmerksamkeit als positiv wahr und öffnet sich Ihnen eher. Dies wiederum schafft grösseres Vertrauen.
2. Vorbereitung: Zeithof, Ort und Distanz klug wählen!
Ein Gespräch ist unplanbar, unwiederholbar, einzigartig und daher kostbar: es verträgt keine Ablenkung. Besonders fruchtbar ist es aber in einem sicheren Rahmen: Planen Sie ausreichend zeitliche Kapazitäten ein und finden Sie sich nach Möglichkeit an einem Ort ein, an dem Sie und Ihr Gesprächspartner sich wohlfühlen und ungestört sind. Welche Distanz ist der Situation angemessen und bei dieser Person zielführend? Beschränken Sie sich auf «Ich und Du» sowie «Hier und Jetzt» . Was können wir beide wissen? Was nicht? Wie wollen wir diese Fakten werten? Nicht verifizierbare Legenden, längst Vergangenes, Allgemeinplätze und Themen ausserhalb des Zusammenhangs sind oft nur hinderlich.
3. Mit wem sprechen Sie?
Stellen Sie sich vor dem Gespräch mental auf Ihren Gesprächspartner ein. Nur wer sich wahrgenommen fühlt, wird sich aufnahmebereit zeigen. Was wissen wir über unser Gegenüber als PERSON, was über seine/ihre FUNKTION, in der es uns gegenübertritt. Und in welcher ROLLE nimmt es sich wahr. Sind Eigen- und Fremdwahrnehmung kongruent?
4. Wie hören Sie aktiv zu?
Sie halten Blickkontakt und signalisieren mit Ihrer Haltung, Sprache und Tonalität, dass Ihr Gesprächspartner Ihre volle Aufmerksamkeit hat. Wichtiger als jede rhetorische Brillanz sind Stimmigkeit zwischen verbalem (was gesagt wird), periverbalem (wie es gesagt wird) und nonverbalem (was dabei getan wird) Verhalten.
5. Mit welcher Haltung hören Sie aktiv zu?
Sie versuchen weder zu gewinnen noch zu gefallen. Sie unterwerfen Sie sich nicht und wollen nicht unterwerfen. Ihre Erfahrungen, Ziele und Wünsche sind denen Ihres Gegenübers gleichwertig. Es geht nicht darum, wer Recht hat, sondern zu erkennen, was beide Seiten jeweils brauchen.
6. «Soziales Grunzen» als Bestätigung
Bereits kleine Laute wie «Ahja», «Hmmhm», «Ok» haben eine grosse Wirkung und demonstrieren, dass Sie konzentriert zuhören.
7. Wie vermeide ich Unverbindlichkeit?
Verlangsamen Sie bei Entgleisungsgefahr das Gespräch – Ihre Beurteilungen, Ihre Gedankengänge und Ihre Sprache. So bleiben Sie bei Ihrem Gegenüber und vermeiden Verzettelungen. Sie fallen Ihrem Gesprächspartner nicht ins Wort und geben dem Gesagten Raum, sich zu entfalten.
8. Worüber wird genau gesprochen?
Wer fragt, führt. Eine kluge Frage wirkt mehr als viele gewichtige Aussagen. Nehmen Sie sich vorher Zeit, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Fragen Sie, um zu verstehen, worum es wirklich geht. Manchmal ist auch das, was NICHT gesagt wird sehr aufschlussreich.
«Ein Gespräch ist unplanbar, unwiederholbar, einzigartig
Duke Seidmann, Spezialist für berufliche Kommunikation
und daher kostbar: es verträgt keine Ablenkung.»
9. Haben Sie richtig verstanden, was Ihr Gegenüber gesagt hat?
Paraphrasieren: Stellen Sie Rückfragen und fassen Sie die Aussagen Ihres Gesprächspartners in eigene Worte. So zeigen Sie Ihrem Gegenüber, dass Sie seine Sichtweisen wertschätzen – wenn auch nicht unbedingt teilen.
10. Wie gehe ich mit Gefühlsäusserungen um?
Emotionen zeigen uns an, dass etwas wichtig ist. Sie lassen sich nicht steuern – höchstens in verantwortliches Verhalten leiten. Nehmen Sie die Emotionen Ihres Gegenübers wahr, und quittieren Sie sie, ohne sie zu beurteilen. («Das war jetzt deutlich. OK, ich sehe, Sie sind ärgerlich. Mögen Sie das mit mir nochmals Schritt für Schritt durchgehen?») Auf diese Weise schaffen Sie einen sicheren, wertungsfreien Raum, in dem Vertrauen entstehen kann.
11. Wohin mit Ihren Gedanken?
Suspendieren: Bleiben Sie ganz bei Ihrem Gegenüber, solange es spricht. Schieben Sie Ihre Gedanken behutsam beiseite – nicht unterdrücken! – und holen Sie sie zu einem späteren Zeitpunkt hervor, wenn Sie sprechen. So teilen Sie Ihre Aufmerksamkeit nicht auf und zeigen Ihrem Gesprächspartner, dass Sie tatsächlich zuhören. Keine Angst, wenn der Gedanke wichtig war, taucht er wieder auf. Immer.
12. Verbindung vor Inhalt (das wichtigste Gebot gelingender Kommunikation!)
Alle Gesprächstechnik ist nutzlos, sofern es Ihnen nicht gelingt, Verbindung zu ihrem Gegenüber aufzubauen und zu halten. Was jeder Hobbyfunker weiss. Die klügsten Inhalte sind ins Weltall gepustet, wenn Sie vorher nicht sicherstellen, dass die Verbindung steht. Hellmuth Geissner, der grosse Kommunikationstheoretiker formulierte es sinngemäss so: «Kommunikation ist nicht die Fertigkeit, jemandem die eigene Sichtweise zu übertragen, sondern die Kompetenz, etwas zur gemeinsamen Sache zu machen.»
Kurzporträt Duke Seidmann

Bildnachweis: Duke Seidmann
Es wurde noch kein Kommentar veröffentlicht.