Grosser Wirtschaftsaufschwung in Europa: Fünfzigerjahre des 20. Jahrhunderts
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Mit Hanspeter Amstutz wird Geschichte lebendig – ob Sie nun zügig von Chart zu Chart surfen oder bei einigen oder gar allen 96 Charts die Texte zur Erläuterung und Vertiefung lesen. Sie entscheiden. Beides ist möglich. Beides bringt Ihnen das Wirtschaftswunder Schweiz näher.
Die Fünfzigerjahre des 20. Jahrhunderts stehen für die Zeit des Großen Wirtschaftsaufschwungs in Europa.
Deutschland musste seine im 2. Weltkrieg weitgehend zerstörte Industrie neu aufbauen. Dies gelang dank amerikanischer Hilfe in erstaunlich kurzer Zeit.
Die Schweiz profitierte davon, dass ihre Industrie den Weltkrieg unversehrt überstanden hatte. Unser Land war intakt und die politischen Verhältnisse stabil. Es erstaunt deshalb nicht, dass die Fußball-WM 1954 an die Schweiz vergeben wurde.
Die vorliegende Präsentation zeigt am Beispiel der fiktiven Familie Brunner, wie sehr die Fünfzigerjahre das Leben in der Zeit des Wirtschaftswunders verändert haben. Moderne Haushaltgeräte wie Staubsauger, Kühlschrank oder Waschmaschine erleichtern die Arbeit der Mutter. Der Vater wünscht sich ein Auto, das sich die Familie am Ende der Fünfzigerjahre schließlich leisten kann.
Lesehinweis: Die fiktive Familie Brunner kann auch ganz anders heißen. Sie führt uns durch die Fünfzigerjahre und hilft mit, die verschiedenen Themen miteinander zu verbinden. Man kann aber auch ohne diese fiktive Familie durch die Charts gehen.
Hinter der Fortsetzungsgeschichte mit der Familie Brunner wird das politische Geschehen auf der Weltbühne abgebildet, das von der Spannung zwischen Ost und West geprägt ist.
Warm-up: 12 Thesen zum Schweizer Wirtschaftswunder
Was bringen Erkenntnisse zur Schweizer Geschichte, wenn sie zwar gelesen, jedoch nicht mit anderen Menschen geteilt und ausgetauscht, diskutiert und debattiert werden? Die 12 Thesen regen das Gespräch in der Familie, mit Freunden, in der Firma an. Wo sind Sie dagegen, wo dafür? Mit welchen Analysen und Argumenten?
Die Schweiz hatte 1945 die besseren Startchancen als unsere Nachbarländer.
Die Schweiz erhielt 1950 massive Wirtschaftshilfe durch den Marshall-Plan.
Die Schweiz war mit der Durchführung der Fussball-WM stark überfordert.
Der Flughafen Kloten ist aus heutiger Sicht an einem ungeeigneten Standort gebaut worden.
Bei den Autorennen der Formel 1 in Bern galten hohe Sicherheitsstandards.
Unsere Wirtschaft war stark auf italienische Gastarbeiter angewiesen.
Das Radio hatte grossen Einfluss auf das Familienleben.
Jede Familie konnte sich 1956 ein Auto leisten und alle Jugendlichen besassen ein Mofa.
Im Haushalt hielten Geräte und Maschinen Einzug, welche die Arbeit der Frauen erleichterten. Aber die meisten Mütter führten weiterhin den Haushalt und betreuten ihre Kinder.
In der Schweiz herrschten 1959 stabile politische Verhältnisse, aber die Frauen mussten noch immer auf ihr Stimmrecht warten.
Tipp-Kick und Trottinets waren für Buben, Pferdebücher und Schlager eher für Mädchen.
Die Hochkonjunktur ging in in den Sechzigerjahren stürmisch weiter. Die meisten Familien konnten sich einen Lebensstil leisten, der weit über die Grundbedürfnisse hinausreichte.
Es ist Sonntagmorgen um acht Uhr. Der Esstisch ist gedeckt für die fünfköpfige Familie Brunner. Es duftet herrlich. Milch und ein Krug heißer Kaffee stehen bereit. Die Mutter hat wie immer für den Sonntag einen eigenen Zopf gebacken, den sie gleich zusammen mit einer Büchse Ovomaltine in die Stube bringen wird.
Die Mutter freut sich, dass die ganze Familie zusammen ist. Sie ist früh aufgestanden, damit das Morgenessen rechtzeitig bereitsteht.
Heute ist Vater Samuel Brunner erst um sieben Uhr aufgestanden und nicht wie an Werktagen (auch am Samstagmorgen) bereits um sechs Uhr.
Die Familie hat drei Kinder. Das älteste heißt Vreni und geht in die zweite Klasse. Werner ist nur ein Jahr jünger und besucht die erste Klasse. Das jüngste Kind ist erst zweijährig und hat eben begonnen, munter draufloszusprechen.
Das Programm für den heutigen Tag steht fest: Die Familie wird mit dem Zug aufs nahe Land fahren und dort Verwandte besuchen.
Familie Brunner wohnt in einem grauen Mehrfamilienhaus in einem Vorort einer größeren Stadt. Die Zimmer und die Stube sind klein, dafür haben Vreni und Werner je ein eigenes Kinderzimmer.
Die Küche ist relativ geräumig, sodass die Familie zum Essen meist in der Küche versammelt ist. Im Winter sind alle froh um die Zentralheizung. In allen Zimmern gibt es Radiatoren, sodass jeder Raum schön warm ist. Die zentrale Kohlefeuerung befindet sich im Keller des Hauses. Bereits vor Arbeitsbeginn muss Herr Brunner im Winter die Heizung mit Kohle auffüllen und über Mittag und am Abend bei Bedarf nochmals Kohle schaufeln.
Im ganzen Wohnblock gibt es noch keine Badezimmer (diese werden erst später eingebaut). Die Familien haben aber Gelegenheit, in Badeeinrichtungen der nahen Industriebetriebe einmal pro Woche eine Dusche oder ein Bad zu nehmen. Zudem dürfen sich die Kinder am Freitagmorgen im Duschraum der Schule einmal gründlich waschen. Nicht alle Kinder nehmen daran teil. Aber wer mitmacht, hat Spaß, sich mit viel Schmierseife einzureiben und dann warm abzuduschen.
Das Schulhaus befindet sich nur eine Häuserreihe hinter dem Wohnblock der Familie Brunner. Es ist ein stattlicher Bau, welcher die nahen Häuser überragt.
Familie Brunner wohnt in einem grauen Mehrfamilienhaus in einem Vorort einer größeren Stadt. Die Zimmer und die Stube sind klein, dafür haben Vreni und Werner je ein eigenes Kinderzimmer.
Die Küche ist relativ geräumig, sodass die Familie zum Essen meist in der Küche versammelt ist. Im Winter sind alle froh um die Zentralheizung. In allen Zimmern gibt es Radiatoren, sodass jeder Raum schön warm ist. Die zentrale Kohlefeuerung befindet sich im Keller des Hauses. Bereits vor Arbeitsbeginn muss Herr Brunner im Winter die Heizung mit Kohle auffüllen und über Mittag und am Abend bei Bedarf nochmals Kohle schaufeln.
Im ganzen Wohnblock gibt es noch keine Badezimmer (diese werden erst später eingebaut). Die Familien haben aber Gelegenheit, in Badeeinrichtungen der nahen Industriebetriebe einmal pro Woche eine Dusche oder ein Bad zu nehmen. Zudem dürfen sich die Kinder am Freitagmorgen im Duschraum der Schule einmal gründlich waschen. Nicht alle Kinder nehmen daran teil. Aber wer mitmacht, hat Spaß, sich mit viel Schmierseife einzureiben und dann warm abzuduschen.
Das Schulhaus befindet sich nur eine Häuserreihe hinter dem Wohnblock der Familie Brunner. Es ist ein stattlicher Bau, welcher die nahen Häuser überragt.
Die vom Krieg nicht betroffenen Schweizer Eisenbahnen sind 1952 schon fast vollständig elektrifiziert und in einem guten Zustand.
Neue Leichtschnellzüge fahren von St. Gallen bis Genf in Rekordzeit. Die Züge werden von schnellen Re 4/4-Lokomotiven (Vmax 125 km/h) geführt und weisen modernstes Rollmaterial auf.
Die Re 4/4 – Lokomotiven sind in der SLM (Schweizerische Lokomotiv- und Maschinenfabrik) in Winterthur zusammen mit der MFO (Maschinenfabrik Oerlikon) in Oerlikon gebaut worden. Die vierachsigen Drehgestelllokomotiven stellen einen Meilenstein in der Technik des Lokomotivbaus dar.
Herr Brunners Konstrukteurengruppe ist aber bereits mit einem neuen Projekt beschäftigt. Sie arbeitet an einer sechsachsigen Lokomotive mit der Bezeichnung Ae 6/6 für den schweren Güterzugsdienst am Gotthard. Die geplante Maschine soll 6000 PS leisten und 125km/h erreichen. Die ersten Prototypen werden 1952 auf intensive Erprobungsfahrten gehen.
Die SLM stellt als ziemliches Unikum in der Schweiz in den Fünfzigerjahren auch dreirädrige Traktoren her.
Noch immer sehr mühsam ist das Waschen der Kleider. Alle drei Wochen verbringt die Mutter einen ganzen Tag lang in der dampfenden Waschküche des Mehrfamilienhauses.
Der Waschkessel zum Sieden der Wäsche muss noch mit Holz angefeuert werden. Immer wieder öffnet Frau Brunner den grossen Deckel und rührt mit einem Schwengel (eine meterlange „Kelle“) die heisse Wäsche. Im metallenen Wasserbecken (ganz vorn) windet sie die einzelnen Wäschestücke von Hand aus, bevor sie zum Trocknen bereitgelegt werden. Besonders schmutzige Wäsche schrubbt sie von Hand mit Seife, bis der Schmutz weg ist.
Die Mutter ist im Dauereinsatz. Sobald genug Wäschestücke sauber sind, hängt sie sie im nahen Trocknungsraum auf. Dann geht sie wieder zurück in die Waschküche. Frau Brunner hat an diesem Tag keine Zeit zum Kochen. Zu Mittag gibt es für die Familie einen Hefekranz, den sie am Vortag selber gebacken hat.
Nach dem Waschtag folgt das Glätten. Wie die meisten Mitbewohnerinnen besitzt Frau Brunner bereits ein elektrisches Bügeleisen.
Herr Brunner hat im Vergleich zu seinen Nachbarn einen recht guten Lohn. Dennoch muss die Mutter gut schauen, dass sie mit dem Haushaltsgeld zurechtkommt.
Das Geld reicht nicht, um viele neue Kleider zu kaufen. Ist ein Kleidungsstück zerrissenen, versucht es die Mutter wieder zu flicken. Frau Brunner besitzt eine alte, aber solide Nähmaschine, die von einem Fusspedal angetrieben wird.
Am Abend sitzt sie gerne in der Stube und strickt. Während sie mit Spannung einem Hörspiel am Radio folgt, strickt sie an einem Pullover für den zweijährigen Urs. Sie kann es sich nicht leisten, einfach nichts zu tun und im Warenhaus dann die Wollsachen zu kaufen.
Frau Brunner kauft fast alle Nahrungsmittel im nahen Quartierladen ein. Dort wird sie von den Verkäuferinnen freundlich bedient. Wenn einmal wenige Kundinnen im Laden sind, reicht die Zeit auch einmal für einen kleinen Schwatz. Die Verkäuferinnen sind meist gut informiert, was alles im Quartier so läuft. Für kleine Besorgungen schickt die Mutter manchmal ihre Tochter Vreni in den Quartierladen. Vreni übernimmt diese Aufgaben gerne, da sie meist einige Bonbons vom Personal erhält.
Für die Arbeit im Quartierladen ist mehr Personal nötig als heute. Käse ist in der Regel nicht in Schachteln oder in einer Plastikhülle mit exakter Gewichtsangabe abgepackt. Die Verkäuferin muss zuerst ein Stück Käse von einem grossen Käselaib abstechen, das Stück wiegen und dann in ein Papier einwickeln. All das braucht Zeit, sodass die Kunden oft länger auf warten müssen, bis sie an der Reihe sind.
Weit verbreitet ist damals das Kaufen auf Kredit. Manche Hausfrau hat ein Büchlein im Landen deponiert, in welchem noch nicht bezahlte Einkäufe registriert sind. Nach dem Zahltag des Vaters werden dann die Rechnungen am Ende des Monats beglichen.
1950 ist das freie Einkaufen in den Läden wieder möglich. Frau Brunner ist froh, dass diese harte Zeit vorbei ist.
Bis im Sommer 1948 waren die wichtigsten Nahrungsmittel nur mit Lebensmittelkarten erhältlich. Wer Brot kaufen wollte, musste dem Verkaufspersonal neben dem Preis in Franken Brotcoupons einer Lebensmittelkarte abgeben. Waren die Coupons aufgebraucht, bekam man kein Brot mehr.
Mit der Lebensmittelrationierung erreichte man, dass die während des Krieges nur noch beschränkt vorhandenen Lebensmittel möglichst gerecht verteilt wurden.
Die Rationierung wurde erst aufgehoben, als der Welthandel mit dem Austausch von Gütern (z. B. Getreide aus den USA) wieder voll in Gang kam.
In der Schweiz musste auch während der Zeit des 2. Weltkriegs niemand Hunger leiden. Kartoffeln waren von der Rationierung nicht betroffen und frei erhältlich. Aber gewisse Nahrungsmittel wie Schokolade, Fett oder Eier waren nur sehr beschränkt erhältlich. Es gab deshalb häufig Salzkartoffeln zum Mittagessen, aber keine Pommes frites.
Herr und Frau Brunner erinnern sich noch lebhaft an die harte Kriegszeit, wo das nahe Fussballfeld in einen Kartoffelacker verwandelt wurde. Jeder Flecken Erde wurde genutzt, um Kartoffeln, Gemüse oder Getreide anzupflanzen.
Da wo heute der Große Sechseläutenplatz ist, direkt vor dem Opernhaus Zürich, wurden Kartoffeln und Getreide angepflanzt.
Jugendliche im Oberstufenalter wurden an freien Nachmittagen eingesetzt, um bei den Erntearbeiten zu helfen. Alle halfen mit, um das Überleben zu sichern.
Immer mehr zeigte sich, dass die militärisch starke Sowjetunion ihren grossen Sieg über Deutschland ausnützen und auch in Westeuropa den russischen Einfluss verstärken wollte. Ein kommunistisches Europa war durchaus ein Fernziel der sowjetischen Führung.
Westeuropa war militärisch und wirtschaftlich sehr schwach. Wer konnte es vor dem hungrigen russischen Bären schützen?
Die 1949 entstandene Bundesrepublik Deutschland war zu Beginn der Fünfzigerjahre noch unbewaffnet. Frankreich und England hatten vor allem wirtschaftliche Sorgen. Die französischen Streitkräfte standen in Indochina und in Algerien, wo Freiheitsbewegungen die Unabhängigkeit von Frankreich forderten, im kräfteraubenden Einsatz.
Das schwache Westeuropa war eine verlockende Beute für den russischen Bären. Für die Russen blieb aber das Risiko einer atomaren Auseinandersetzung mit den USA bestehen, falls sie einen direkten Angriff auf Europa wagen würden. Das liess Stalin wohl zögern.
Da in den meisten osteuropäischen Ländern als Folge des 2. Weltkriegs noch immer sowjetische Truppen standen, war es ein Leichtes, Druck auf die Bevölkerung auszuüben.
Die kommunistischen Parteien in den osteuropäischen Staaten erhielten Unterstützung aus Moskau, während gegen freiheitliche Bewegungen alle Tricks und üblen Machenschaften angewendet wurden, um sie ausschalten zu können (Drohungen, Morde).
Der Westen musste diese brutale Entwicklung weitgehend tolerieren, da in den Verträgen zwischen den Siegermächten des 2. Weltkriegs der direkte Einfluss der Sowjetunion auf die osteuropäischen Staaten unterstrichen wurde.
1945 hatte der Westen noch an eine konstruktive Zusammenarbeit mit der Sowjetunion geglaubt. Bei der Gründung der UNO war man überzeugt, die künftigen geopolitischen Fragen friedlich lösen zu können. Der Machthunger der Sowjetunion wurde damals unterschätzt.
In den Ländern hinter der roten Linie (Eiserner Vorhang) üben die Russen mit ihrem Militär und ihren Geheimdiensten die Kontrolle aus.
Wer sich gegen die Sowjetunion ausspricht, muss mit harter Verfolgung rechnen. Der brutale Diktator Josef Stalin regiert die Sowjetunion mit eiserner Faust und unterdrückt alle Freiheitsbewegungen in den Staaten des Ostblocks gnadenlos.
Die Bevölkerung hinter dem Eisernen Vorhang ist nicht glücklich mit ihrer wirtschaftlichen und politischen Situation. Immer wieder kommt es zu Unruhen in der von der Sowjetunion unterdrückten Ländern.
Da sich überall Truppen der Roten Armee in den Oststaaten befinden, scheitern alle Aufstände für mehr Freiheit und Demokratie sehr rasch. Die Jahreszahlen neben den roten Sternen nehmen Bezug auf die gescheiterten Aufstände.
1949 zeigte sich definitiv, dass zwischen den Amerikanern und den Sowjets keine Einigung über die Zukunft Europas zu erzielen war.
Nachdem die Russen erfolglos versucht hatten, die Stadt Berlin durch eine Lebensmittelblockade in die Knie zu zwingen, kam es zum Bruch zwischen den Westmächten und der Sowjetunion.
Im Herbst 1949 wird die Bundesrepublik Deutschland, die sich ganz nach dem Westen orientiert, gegründet.
Im Osten entsteht die Deutsche Demokratische Republik, die mit Demokratie allerdings wenig gemeinsam hat und von der Sowjetunion abhängig ist.
Der Kalte Krieg zwischen den USA und der Sowjetunion wird immer mehr zu einer Auseinandersetzung um die bessere Staats- und Lebensphilosophie. Ist es der Kommunismus oder der Kapitalismus? Freie Marktwirtschaft oder Planwirtschaft?
Die USA weisen auf ihren hohen Lebensstandard hin. Für die Amerikaner ist engagiertes Unternehmertum mit freier Marktwirtschaft der Schlüssel zum Erfolg.
Für die Sowjetunion liegt das Heil des Kommunismus in der Zukunft. Dank Fünfjahresplänen und straffer staatlicher Lenkung der Wirtschaft sollen die kommunistischen Staaten vorwärtskommen.
Jeder fleissige Amerikaner soll sich ein eigenes Haus und ein eigenes Auto leisten können. Bei den Russen wird mit eindrucksvollen Bauten auf die grossartige Zukunft im Kommunismus unter Genosse Stalin hingewiesen.
Die USA und die Sowjetunion waren die grossen Sieger des 2. Weltkriegs.
Beide Nationen haben einen Führungsanspruch und klare Vorstellungen, wie sie die Welt künftig gestalten wollen.
Die Amerikaner glauben an den Erfolg einer möglichst freien Marktwirtschaft. Diese setzt auch politische Freiheiten voraus, damit sie sich entfalten kann.
Die Lösung politischer Konflikte sollen nach den Vorstellungen der USA im Rahmen der UNO erfolgen.
Es ist deshalb kein Zufall, dass als Sitz der UNO New York bestimmt wurde. Die Sowjets widersetzten sich 1945 der Standortwahl des Hauptsitzes nicht, da sie nicht an eine grosse Zukunft der UNO glaubten.
Die USA erkennen rasch, dass ein verarmtes Europa viel anfälliger für die Ideen des Kommunismus ist. Nur mit tatkräftiger Unterstützung aus den USA kann Europa wieder auf die Beine geholfen werden.
Den USA geht es nach dem Krieg glänzend. Sie sind die erste Wirtschaftsmacht und verfügen über eine leistungsfähige Industrie.
In Italien und Frankreich geniessen die kommunistischen Parteien viel Sympathien beim ärmeren Teil der Bevölkerung und bei manchen Intellektuellen. Schafft der Kommunismus, wie ihn die Sowjetunion propagiert, endlich die ersehnte soziale Gerechtigkeit mit mehr Wohlstand?
Wird Europa auf die USA oder auf die Sowjetunion hören?
Zum farbigen Bild rechts: Dagobert Duck als tätiger Milliardär ist eine Symbolfigur des amerikanischen Unternehmertums. Er fördert den Wohlstand, ist aber in persönlichen Dingen äusserst geizig. Sein grösstes Vergnügen ist es, in seinem grossen Geldspeicher (in der Mitte des Bildes) in Millionen von Goldmünzen zu „baden“.
1948 starteten die USA ein grosszügiges Hilfsprogramm für die Länder Westeuropas. Die Länder erhielten Finanzhilfen und preisgünstige Güter aus den USA. Das Programm ist nach dem Förderer des Hilfsprogramms, Aussenminister George Marshall, benannt worden.
Die amerikanische Hilfe wurde den westeuropäischen Staaten in Form eines zinsgünstigen Darlehens gewährt. Von der gesamte Hilfsleistung erhielt Westdeutschland gut 10 Prozent, was drei Jahre nach Kriegsende eine erstaunliche Wende in der Geopolitik bedeutete.
Die Weitsicht der Amerikaner, dem ehemaligen Kriegsgegner Deutschland grosszügig für den Wiederaufbau seiner Wirtschaft zu helfen, ist in der Weltgeschichte ein seltenes Beispiel für wirklich kluge Politik. Diese Grosszügigkeit unterschied sich grundlegend vom harten Friedensvertrag von Versailles für die Deutschen im Jahr 1919.
Verteilung der US-Hilfsgelder auf Westeuropa: Grossbritannien 25 %, Frankreich 20 %, Italien 11 %, Westdeutschland 10 %, Niederlande 7 %, Österreich 5 %, Griechenland 5 %, übrige Länder 17 %. Das offizielle Signet des Marshall-Plans (links oben) unterstreicht die führende Rolle der USA beim Wiederaufbau von Europa.
Die amerikanische Wirtschaftshilfe in Milliardenhöhe, die neue deutsche Regierung und die Aufbruchstimmung in der Bundesrepublik lösen einen Bauboom aus.
Jetzt wird überall aufgeräumt und gebaut. Die zerstörten Brücken über den Rhein werden wieder instand gestellt. In den grossen Städten werden Zehntausende von neuen Wohnungen errichtet.
Die Industrie ist gefordert und schafft modernste Produktionsanlagen. Weil alles neu ist, kann die deutsche Industrie konkurrenzfähige Güter produzieren. So werden in Wolfsburg riesige Werkhallen für eine günstige Produktion des Volkswagens geschaffen.
Unterdessen sind auch fast alle Kriegsgefangenen wieder zuhause und können ihre Arbeit wieder aufnehmen.
Wer im kriegsversehrten Europa Qualitätsprodukte kaufen will, klopft bei der Schweizer Industrie an.
Zu Beginn der Fünfzigerjahre steigt die Menge der Exporte ins Ausland und es herrscht praktisch Vollbeschäftigung in unserem Land.
Die rote Kurve für das Bruttoinlandsprodukt zeigt steil nach oben und auch die Löhne halten entsprechend mit.
Rot: Entwicklung des realen Bruttoinlandsprodukts.
Gelb: Entwicklung des realen Bruttoinlandsprodukts pro Kopf.
Grün: Entwicklung der Reallöhne.
Blau: Entwicklung der Teuerung.
Kurz vor Weihnachten erhält Herr Brunner einen zusätzlichen halben Monatslohn, da die Lokomotivfabrik ein ausgezeichnetes Geschäftsjahr hatte und der Chef mit Herrn Brunners Arbeit sehr zufrieden war. Als Weihnachtsüberraschung schenkt Herr Brunner seiner Frau einen modernen Staubsauger.
„Fertig Teppichklopfen!“ ruft die Mutter und treibt ein paar Spässe mit dem neuen Gerät. Der Kleine scheint sich nicht daran zu stören und die Familie ist froh, dass der Mutter eine bisher mühsame Arbeit im Haushalt nun leichter fallen wird.
Doch Staubsauger und andere elektrische Haushaltgeräte sind damals noch lange nicht in allen Familien eine Selbstverständlichkeit.
Das Rasieren führt Herr Brunner jeden Morgen sorgfältig mit einem Rasiermesser aus. Es ist ein einfaches scharfes Messer ohne auswechselbare Mehrfachklingen. Ein elektrischer Rasierapparat kommt für ihn noch nicht infrage.
In den mittelgrossen Schweizer Städten verdrängt der leisere Trolleybus die alten Trams.
Manche Verkehrsplaner glauben, dass die Strassenbahn auch in den grösseren Städten bald ausgedient haben wird. Doch wie wir heute wissen, ist diese Entwicklung nicht eingetreten.
Das Leben der Familie Brunner ist städtisch geprägt. Zwar kauft Frau Brunner fast alles in den nahen Quartierläden (Coop oder Migros) ein, was sie fürs Kochen braucht. Aber die grossen Einkäufe erledigt sie im Stadtzentrum.
Um Kleider zu kaufen, fährt sie mit dem Trolleybus in die Altstadt. Sie schätzt den neuen Bus, wo man auf bequemen Plätzen sitzt und viel ruhiger fährt als mit dem alten Tram.
Herr Brunner fährt in der Regel mit dem Fahrrad in die nahe Fabrik zur Arbeit. Nur bei Schnee und Eis benützt er den Bus.
Vreni überlegt es sich zweimal, ob sie einen Fünfziger aus dem Taschengeld für die Fahrt mit dem Bus einsetzen oder zu Fuss zum zwei Kilometer entfernten Eisfeld gehen soll. Verzichtet sie aufs Fahren, kann sie sich am Kiosk beim Eisfeld ein paar Süssigkeiten kaufen.
Neben den Tageszeitungen ist das Radio die wichtigste Informationsquelle für die Familie Brunner. So verpasst die Familie kaum einmal die Mittagsnachrichten um halb eins. Herr Brunner schätzt die abendliche Sendung „Echo der Zeit“, die bis heute als ein Qualitätsmerkmal des Schweizer Radios gilt (Die Sendung Echo der Zeit gibt es seit 1945).
Das Schweizer Radio heisst damals „Schweizerischer Landessender Beromünster“. Der Name rührt vom Standort des grossen Sendemasts in der Luzerner Gemeinde Beromünster her. Von diesem 217m hohen Sendeturm wird auf Mittelwelle das Programm aus den drei Radiostudios in Bern, Basel und Zürich ins ganze Land ausgestrahlt. Die Studios haben als Erkennungszeichen drei verschiedenen kurze Melodien. So erkennt man beispielsweise die Beiträge aus dem Studio Basel an der Melodie „Z Basel a mim Rhy“.
Die Tonqualität auf der Mittelwelle ist nur genügend, aber im Vergleich zu den Vorkriegsjahren schon deutlich besser. Das abgebildete Radio erlaubt auch den Empfang ausländischer Sender auf Mittel- und Langwelle. Der mittlere Drehknopf ist für das Einstellen der Sender bestimmt.
Vreni besucht die vierte und Werner die dritte Klasse im nahen dreistöckigen Schulhaus mit grossem Pausenplatz und einer gepflegten Spielwiese.
Der Schulbetrieb in den frühen Fünfzigerjahren ist vielerorts noch sehr traditionell und stützt sich oft auf eine wenig moderne Infrastruktur. Zwar gibt es auch moderne Schulbauten, aber in vielen Stadtquartieren besuchen die Kinder Schulhäuser aus deutlich älteren Zeiten.
Das Schulhaus aus Sichtbacksteinen stammt aus der Zeit der Jahrhundertwende um 1900 und die Einrichtungen sind in die Jahre gekommen. Aber die Innenräume sind sehr grosszügig konzipiert. Breite Gänge und riesige Schulzimmer für die einst sehr grossen Klassen überraschen die Besucher.
Die Schulpflege möchte die Zimmer schon lange mit neuen Tischen und Stühlen ausstatten. Aber der Kredit für die Neuanschaffung ist noch nicht bewilligt worden.
Die Schüler müssen weiterhin in den harten Bänken mit den beweglichen Tischklappen sitzen.
Die Klassen in den Fünfzigerjahren sind deutlich grösser als heute. Der gemeinsame Klassenunterricht (Frontalunterricht) mit allen Schülern ist die Regel, da individualisierte Unterrichtsformen mit bis zu vierzig Schülern kaum möglich sind.
Werner geniesst es, wenn der Unterricht ab und zu in Halbklassen stattfindet. Mit zwanzig Schülerinnen und Schülern kommt er mehr zum Zug und hat das Gefühl, auch dem Lehrer mache das Unterrichten so mehr Spaß.
Wenn alle vierzig Kinder im Raum sind, arbeitet der Lehrer oft nur mit einer Klassenhälfte mündlich. Die andere Hälfte ist schriftlich beschäftigt. Werner hört gern zu, was im mündlichen Unterricht nebenan geschieht. Doch dann kommt er nicht recht vorwärts und hat mehr Hausaufgaben.
Die Erstklässlerinnen und Erstklässler schreiben mit einem spitzen Griffel auf die Schiefertafel und können das Geschriebene mit einem Schwamm nachher wieder wegwischen. Die Griffel werden am Schluss in einer Holzschachtel versorgt und zusammen mit der Schiefertafel nach Hause genommen. Wenn die Schüler im Schreiben etwas sicherer sind, dürfen sie die Wörter mit Bleistift in ein kariertes Heft schreiben. Das Schreiben mit Tinte ist erst ab der zweiten Klasse vorgesehen. Dafür hat es in den Tischen kleine Tintengefässe, in welche man die Stahlfedern von Zeit zu Zeit eintaucht. Die Tintenfässer sind mit einem Schieber verschliessbar.
Die Schüler kennen die Bilderflut der heutigen Zeit noch nicht.
Filmvorführungen im Unterricht sind nur in grossen Ausnahmefällen möglich, da in den allermeisten Schulhäusern noch keine Filmprojektoren vorhanden sind.
1952 stellt die Zürichsee Schifffahrtsgesellschaft ihr neues Flaggschiff mit dem Namen „Linth“ in Dienst. Das 54m lange Dieselmotorschiff mit den drei Decks fasst 1000 Personen und wird bei den Fahrgästen rasch beliebt.
Das Schiff ist bei der deutschen Bodan-Werft am Bodensee gebaut worden.
Vrenis Schulklasse hat das Glück, auf ihrer Schulreise mit dem ganz neuen Schiff fahren zu können. Die Klasse geniesst von Rapperswil bis Zürich die zweistündige Fahrt. Werner beneidet seine Schwester, dass sie vor ihm das tolle Schiff kennen lernen durfte.
1964 ist die Linth von dem zwei Meter längeren Dieselmotorschiff „Helvetia“ als Flaggschiff abgelöst worden. Grösstes Zürichseeschiff ist seit 2007 die moderne „Panta Rhei“ mit einer Länge von 56.6m. Da sie grosszügig konzipiert ist, fasst sie aber nur 700 Passagiere.
Dank der soliden wirtschaftlichen Lage geht es der Schweizer Bevölkerung 1953 recht gut. Die Löhne steigen, so dass bei vielen etwas Geld für Reisen und Ferien in den Bergen übrig bleibt.
Plakate aus den Fünfzigerjahren rufen die Schweizer Bevölkerung auf, mit der Bahn zu reisen und unser schönes Land auf Wanderungen kennen zu lernen.
Nur ganz wenige Familien können sich bereits ein Auto leisten. Preisgünstigere Motorroller und Motorräder hingegen sind recht verbreitet. Als Verkehrsmittel für die Freizeit wird die ursprünglich in Italien bei der Firma Piaggio produzierte Vespa immer beliebter. Zwischen 1950 bis 1954 werden in den Hoffmann-Werken am Niederrhein über 50 000 dieser Motorroller in Lizenz hergestellt.
Auf dem Werbebild mit einem jungen Paar fällt auf, dass die Dame quer auf dem Sattel sitzt und dass beide keinen Helm tragen.
Der Vater und der kleine Werner interessieren sich für den Radsport. Es ist die Zeit der grossen Erfolge von Ferdi Kübler und Hugo Koblet.
Letzten Sonntag ist der Vater mit Werner extra auf einen Pass gefahren, um den Zweikampf zwischen Koblet und Kübler an der Tour de Suisse 1953 miterleben zu können.
Die Fahrten über die teils ungeteerten Schweizer Pässe sind oft risikoreiche Abenteuer für die Rennfahrer. Bei kaltem Wetter stopfen sie sich auf der Passhöhe von Helfern überreichte Zeitungen unter das Trikot, um die Kälte bei der Abfahrt einigermassen ertragen zu können.
Die Zeitungen und das Radio berichten täglich in begeisternden Reportagen, was an der Tour de Suisse läuft. Die Erfolge der beiden Schweizer sind Tagesgespräche bei den Schülern und in den kurzen Pausen am Arbeitsplatz.
Noch nie haben Schweizer Radsportler so tolle Erfolge erzielt wie Kübler und Koblet anfangs der Fünfzigerjahre.
1950 gewann Ferdi Kübler die Tour de France und Hugo Koblet den Giro d‘Italia. Koblet war im gleichen Jahr auch Sieger der Tour de Suisse.
1951 war Koblet Sieger der Tour de France und Kübler wurde Strassenweltmeister. Zudem gewann er die Tour de Suisse.
Sieger der Tour de Suisse 1953 und 1955 wurde Hugo Koblet.
Die Radsportbegeisterung der Schweizer beruhte auf den grossartigen Erfolgen der beiden so unterschiedlichen Radprofis.
Werner ist begeistert. Sein Favorit Hugo Koblet überquert als erster den Pass. Werner rennt ihm ein paar Meter nach und feuert ihn mit „Hopp Hugo!“ an.
Am Schluss der Tour de Suisse 1953 kann sich der „Pédaleur de charme“ als grosser Sieger feiern lassen.
Bis 1948 ist der bescheidene Flugverkehr über den Flugplatz Dübendorf abgewickelt worden. Die Planer erachteten den Standort Dübendorf als zu wenig ausbaufähig, um dem wachsenden Flugverkehr genügen zu können.
Man entschied sich, das versumpfte Gelände bei Kloten trockenzulegen und dort einen interkontinentalen Flughafen zu bauen. Das Volk stimmte 1946 der Flughafenvorlage mit grossem Mehr zu.
Seit 1948 war der Flugplatz Kloten bereits in Betrieb, doch fehlte ein modernes Flughafengebäude. Die Abfertigung der Passagiere fand in Baracken statt.
Ende August 1953 findet die Einweihung des modernen Terminals mit einer grossen Flugschau statt. Mit dem leistungsfähigen Flughafen Kloten ist die Schweiz nun bereit für den internationalen Luftverkehr.
Für die Transatlantikflüge schafft sich die Schweizer Fluggesellschaft Swissair moderne Flugzeuge des Typs Douglas DC-6B an. Die Maschine befördert 69 Passagiere und fliegt mit einer Reisegeschwindigkeit von 440 km/h. Ein Flug in die USA dauert mindestens doppelt so lange wie heute. 1954 starten oder landen knapp eine halbe Million Passagiere in Kloten. Aktuell sind es über 31 Millionen (2025).
Bei der Schweizer Luftwaffe hat das Jet-Zeitalter schon seit einigen Jahren begonnen. Neustes Düsenflugzeug der Luftwaffe ist der in Grossbritannien gekaufte „Venom“. Die Maschine erreicht eine Geschwindigkeit von 950 km/h und ist damit deutlich schneller als alle Propellerflugzeuge.
Mitte der Fünfzigerjahre verfügt die Schweizer Luftwaffe über 425 Düsenmaschinen der Typen Venom und Vampire.
Das Bild zeigt ein bei der Arboner Firma Saurer hergestelltes Postauto aus den Fünfzigerjahren. Die Schweizer Post (PTT) und das Militär bestellten während Jahrzehnten Postautos und Lastwagen in grosser Stückzahl bei Saurer.
Weitere Hersteller von Nutzfahrzeugen aus Schweizer Produktion waren die Firmen Berna in Bern und FBW in Wetzikon. Alle drei Unternehmen produzieren heute keine Lastwagen mehr.
Das Bild zeigt ein bei der Arboner Firma Saurer hergestelltes Postauto aus den Fünfzigerjahren. Die Schweizer Post (PTT) und das Militär bestellten während Jahrzehnten Postautos und Lastwagen in grosser Stückzahl bei Saurer.
Weitere Hersteller von Nutzfahrzeugen aus Schweizer Produktion waren die Firmen Berna in Bern und FBW in Wetzikon. Alle drei Unternehmen produzieren heute keine Lastwagen mehr.
Mit dem Auftreten von Mercedes im Jahr 1954 wird die Dominanz der italienischen Automarken kurz unterbrochen. Manuel Fangio auf Mercedes gewinnt die Weltmeisterschaft 1954 souverän.
Doch nach dem furchtbaren Unglück von Le Man, bei dem ein Mercedes in die Zuschauer rast und 84 Tote zu beklagen sind, zieht sich Mercedes für längere Zeit aus dem Autorennsport zurück.
1954 ist ein grosses Jahr in der Schweizer Sportgeschichte. Vom 16. Juni bis zum 4. Juli findet während dreier Wochen die Fussball-WM in unserem Land statt.
Die neutrale und wirtschaftlich gesunde Schweiz ist nach dem Weltkrieg bereit, nach der WM von 1950 im fussballbegeisterten Brasilien die nächste Fussball-WM zu übernehmen. Mitgeholfen für den Entscheid zugunsten der Schweiz hat auch die Tatsache, dass Zürich Sitz des internationalen Fussballverbands FIFA ist und die Schweiz viel für die Organisation des Weltfussballs getan hat.
Die Schweiz ist mit der Fussball-WM organisatorisch gefordert. Rechtzeitig werden in Basel und Lausanne neue Stadien errichtet und an den andern Austragungsorten die Tribünen aufgestockt.
Gespielt wird in vier Vierergruppen, wobei sich die Gruppenersten und Gruppenzweiten für die Viertelfinals qualifizieren. Das Eröffnungsspiel findet in Lausanne statt, der Final im modernisierten Wankdorfstadion in Bern.Die Schweiz spielt in einer starken Gruppe mit Italien, England und Belgien. England wird Gruppenerster. Da Italien und die Schweiz nach den Gruppenspielen punktgleich auf dem zweiten Platz liegen, kommt es zu einem Entscheidungsspiel.
Der damals zweifache Weltmeister Italien ist der haushohe Favorit in diesem Spiel, das vor 30 000 Zuschauern im St. Jakobstadion in Basel stattfindet.
Doch es kommt anders. Sepp Hügi schiesst die Schweiz nach 14 Minuten 1:0 in Führung. Jetzt spielt der Schweizer Sturm gross auf und Robert Ballaman erzielt nach der Pause das 2:0. Dann ziehen sich die Schweizer in die Verteidigung zurück und verlegen sich auf schnelle Konterangriffe. Den Schweizern gelingen so noch zwei Tore (Hügi, Fatton), sodass es am Schluss 4:1 für unser Team steht.
Die WM 1954 hat mit dem vorzeitigen Ausscheiden des zweifachen Weltmeisters Italien und dem Viertelfinaleinzug der Schweiz ihre erste Sensation. Die Schweizer Spieler werden wie Helden gefeiert.
Die Schweizer sind trotz des tollen Erfolgs über Italien im Viertelfinal gegen Österreich nur Aussenseiter.
Die Partie findet bei knapp 40 Grad im Schatten im neuen Stade Olympic in Lausanne statt.
Das Spiel vor 32 000 Zuschauern nimmt einen verrückten Verlauf.Aufstellung der Schweizer Nationalmannschaft: Tor: Parlier. Verteidigung: Neury, Kernen, Eggimann. Aufbau: Bocquet, Casali. Sturm: Antenen, Vonlanthen, Hügi, Ballamann, Fatton. Trainer: Karl Rappan
Auffallend: Militärisches Auftreten der Mannschaft vor Spielbeginn galt als selbstverständlich. Jeder Spieler hatte präzis ausgerichtet in der Reihe stramm zu stehen und zu warten, bis die Fotografen ihre Bilder geknipst hatten.Die Schweizer starten fulminant. Der Sturm mit den offensiven Ballaman, Vonlanthen, Hügi und Co spielt gross auf. Nach 23 Minuten führen sie mit 3:0. Dazu beigetragen hat auch der österreichische Torhüter, der an einem Sonnenstich leidet und kaum noch richtig mitspielen kann. Doch die Schweizer müssen ihrem schnellen Spiel bei 40 Grad Hitze Tribut zollen. Jetzt drehen die Österreicher den Spiess um und werfen alles in die Offensive. Das Spiel kippt. Die Torfolge zeigt, wie verrückt der Match weitergeht:
Erste Halbzeit: 0:1 Ballaman (16.), 0:2 Hügi (17.), 0:3 Hügi (23.), dann fünf österreichische Tore hintereinander zum 5:3! 5:4 Ballaman (41.). Zweite Halbzeit: 6:4 für Österreich (52.), 6:5 Hügi (58.), 7:5 für Österreich (76.). Eine Viertelstunde vor Schluss bricht ein Schweizer Aufbauer (Bocquet) zusammen und kann nicht ersetzt werden. Später stellt sich heraus, dass er an einem Gehirntumor leidet. Die Hitzeschlacht von Lausanne geht als das torreichste WM-Spiel aller Zeiten in die Geschichte des Fussballs ein.
Die Deutschen gewinnen nach einer kämpferischen Abwehrschlacht gegen das favorisierte Jugoslawien mit 2:0. Dabei hat sich der deutsche Torhüter Toni Turek durch tolle Paraden besonders hervorgetan.
Mit Weltmeister Uruguay setzt sich der Favorit mit 4:2 gegen England durch.
Ein Schlüsselspiel ist die Begegnung zwischen dem starken Vizeweltmeister Brasilien und dem Wunderteam aus Ungarn, das seit 1950 in einunddreissig Länderspielen unbesiegt ist. Die Elf aus Ungarn setzt sich schliesslich mit 4:2 durch. Es ist ein ziemlich wüstes Spiel mit drei Platzverweisen (die einzigen des ganzen Turniers).
Im ersten Halbfinal setzt sich Deutschland überraschend klar mit 6:1 gegen Österreich durch. Dieses erreicht am Ende der WM den dritten Rang.
Der zweite Halbfinal von Weltmeister Uruguay gegen Ungarn wird erst in der Verlängerung entschieden. Die Klasse der Ungarn zeigt sich einmal mehr.
Hinweis: Die Zeit des ungarischen Wunderteams geht erst 1956 zu Ende, als wichtige Spieler nach dem Volksaufstand das unterdrückte Land verlassen.Werner feiert am 4. Juli seinen Geburtstag. Er erhält ein ganz besonderes Geburtstagsgeschenk: Ein Ticket für den Final der Fußball WM in Bern.
Zusammen mit seinem Vater wird er den Final zwischen Ungarn und Deutschland auf der Stehplatztribüne verfolgen können. Die beiden freuen sich und hoffen auf schönes Wetter. Doch die Wetterprognose verheisst eher Regen.
Die Stehplätze sind mit sechs Franken pro Ticket (Preisniveau 1954) relativ günstig. Der Preis für die besten Sitzplätze auf der Haupttribüne des Wankdorf-Stadions beträgt dreissig Franken.
Als Werner mit seinem Vater in Bern ankommt, regnet es in Strömen. Aber ihre Stimmung ist gut, denn die ganze Stadt freut sich auf den Höhepunkt der tollen Fussball-WM 1954.
Fritz Walter und und Ferenc Puskas marschieren an der Spitze ihrer Mannschaften ins Berner Wankdorf-Stadion ein.
Rechts oben hat sich das bisherige Überraschungsteam aus Deutschland aufgestellt, rechts unten das seit 31 Spielen ungeschlagene ungarische Wunderteam.
Das ungarische Team mit seinem wirbligen Sturm und den präzisen Zuspielen ist der haushohe Favorit für den Final. In der Vorrunde haben die Ungarn Südkorea mit 9:0 und ein geschwächtes deutsches Team mit 8:3 geschlagen. Leichte Schwächen haben die Magyaren allenfalls in der Verteidigung.
Wie soll man diese Ungarn denn stoppen können?
Der schlaue deutsche Trainer Sepp Herberger hat im Gruppenspiel gegen Ungarn seine Ersatzleute eingesetzt, um die besten Kräfte seines Teams zu schonen.
Herbergers Hoffnung, dass es am Finaltag heftig regnet, geht in Erfüllung. Bei rutschigem Terrain kann der ungarische Wundersturm sein Kombinationsspiel weniger gut entfalten. Zudem haben die deutschen Spieler neue Stollenschuhe mit abschraubbaren Stollen erhalten, an denen der aufgeweichte Schmutz weniger hängen bleiben soll.Die Aufstellungen der beiden Teams deuten auf Offensivfussball hin.
Beide Mannschafften spielen mit fünf nominellen Stürmern (nicht ganz in einer Reihe), drei Verteidigern und zwei Aufbauern. Die Formation wird als 3-2-5- System bezeichnet. Trotzdem: Kaum jemand glaubt beim Anpfiff am 4. Juli um 17 Uhr daran, dass die Deutschen den Ungarn lange Widerstand leisten werden. Der ungarische Sturm ist trotz einer leichten Verletzung von Puskas zu stark. Auf dem Bild links begrüssen sich die beiden Mannschaftsführer, Fritz Walter (links) und Ferenc Puskas, kurz vor Spielbeginn. Die Deutschen hoffen, dass der aufgeweichte Rasen das schnelle Kombinationsspiel der Ungarn behindern wird. Das Spiel nimmt seinen erwarteten Verlauf. Schon nach wenigen Minuten führen die Ungarn mit 2:0.
Doch die Deutschen lassen sich nicht entmutigen. Durch einen haltbaren Treffer und ein schönes Tor von Rahn gleichen sie bis zur Pause aus.
Der deutsche Radioreporter Herbert Zimmermann ist begeistert vom Auftritt der deutschen Mannschaft und hält die Zuhörer zuhause in Atem. Ebenso begeistert sind die vielen deutschen Zuschauer, die nach Bern zum Final angereist sind.
Die zweite Halbzeit wird zum Abnützungskampf. Der schwere Boden bremst den Angriffswirbel der Ungarn. Diese haben mit einem Latten- und einem Pfostenschuss auch noch Pech. Die Deutschen wittern ihre Chance. In der 84. Minute gelingt Helmut Rahn das 3:2 für Deutschland.
Reporter Herbert Zimmermann ist völlig aus dem Häuschen und jubelt vom „Wunder von Bern“. Trotz verzweifeltem Anrennen bis zum Schlusspfiff schaffen die Ungarn das Ausgleichstor nicht mehr.
Die vielen deutschen Zuschauer feiern ihre Mannschaft noch im Stadion. Kapitän Fritz Walther wird auf den Schultern aus dem Stadion getragen.
In der Schweiz und in vielen Ländern Europas hätte man wohl lieber einen Triumph der Ungarn mit ihrer tollen Spielanlage gesehen. Der Zweite Weltkrieg mit den deutschen Eroberungskriegen ist noch in zu starker Erinnerung, um bei den neutralen Zuschauern ungeteilte Freude aufkommen zu lassen.
“Tor, Tor, Tor!!!“ schreit Radioreporter Zimmermann. Es gibt keine Fernsehaufzeichnung des legendären Matches, aber die Radioreportage von Herbert Zimmermann ist erhalten. Das Internet bietet unter dem Stichwort „Fussball-WM 1954“ eine große Auswahl an Berichten über den denkwürdigen Final an.Die Fünfzigerjahre sind geprägt von US-amerikanischem Einfluss. Als Siegermacht bringen die Amerikaner ihren Lebensstil und neue wirtschaftliche Errungenschaften mit nach Europa.
Zu den Neuerungen zählt die Einführung von Selbstbedienungsläden und modernen Supermärkten in den Grossstädten.
In der Schweiz verläuft die Entwicklung zuerst zögerlich, ab Mitte der Fünfzigerjahre dann aber ziemlich stürmisch. Oft werden innert weniger Tage gewöhnliche Verkaufsläden zu Selbstbedienungsläden umgebaut.
Selbstbedienung bedeutet, dass die Produkte einheitlich abgepackt und die Verpackungen attraktiv gestaltet sein müssen, um von den Kundinnen und Kunden beachtet zu werden. Die Werbebranche erlebt deshalb einen weiteren Aufschwung.
Migros und Coop erkennen bald, dass das neue Verkaufssystem den Umsatz stark ankurbelt und weniger Verkaufspersonal erfordert. Sie bauen ihre Läden Mitte der Fünfzigerjahre auf Selbstbedienung um. Die nicht in Ladenketten organisierten kleineren Geschäfte verkaufen aber ihre Produkte noch längere Zeit mit persönlicher Bedienung.
Die Schweizer Haushalte können sich mehr leisten.
Die steigende Kaufkraft der Kunden als Folge des Wirtschaftswunders führt zu einem reicheren Warenangebot in den Verkaufsläden. Produkte wie Südfrüchte oder Fleisch können sich jetzt viele Familien bei uns regelmässig leisten.
Die Selbstbedienungsläden sind hervorragend geeignet, um das breite Warenangebot verlockend zu präsentieren und die Käufe rascher abzuwickeln.
Die Konkurrenz der rasch wachsenden Verkaufsketten wie Migros und Coop sorgt dafür, dass die Preise für viele Produkte erschwinglich bleiben.
Die Selbstbedienungsläden mit ihrem verführerischen Verkaufsangebot spiegeln die neue Philosophie des Wirtschaftswunders bestens: Die Industrie bezahlt den Angestellten höhere Löhne, damit sie als zahlungskräftigen Kunden mehr Waren kaufen und den Wirtschaftskreislauf ankurbeln.
Der Bruch zwischen den Westmächten und der Sowjetunion ist nach der Gründung der beiden deutschen Staaten total. Die Russen beginnen, die Grenze zwischen ihrem Einflussbereich und den westlichen Staaten vollständig abzuriegeln.
Innert weniger Jahren entsteht der Eiserne Vorhang. Dieser wir so ausgebaut, dass eine Flucht in den Westen kaum noch möglich ist.
Elektrisch geladene Zäune, Stacheldraht, Minenfelder, Scheinwerfer, Selbstschussanlagen, Maschinengewehre auf Wachttürmen und Wachtpatrouillen verhindern fast jede Flucht. Wer es trotzdem versucht, riskiert sein Leben.
Da die Russen ab 1949 ebenfalls über Atomwaffen verfügen, ist die Gefahr eines fürchterlichen Krieges grösser geworden. Aus dem Kalten Krieg könnte jederzeit ein heisser werden.
Der Kalte Krieg trennt Europa scharf in zwei Blöcke. Die Staaten des Westens sind in der NATO (Nordatlantisches Verteidigungsbündnis) zusammengeschlossen. Stärkste Militärmacht in der NATO sind die USA, welche über eine starke Bomberflotte mit Atomwaffen verfügen.
Die Staaten des Ostblocks gehören alle zum Warschauer Pakt. Dieses Bündnis, das über Zehntausende von Panzern verfügt, wird von der Sowjetunion dominiert. Auch der Warschauer Pakt besitzt Atomwaffen in grosser Zahl. Da beide Seiten über viele Atomsprengköpfe verfügen, besteht ein Gleichgewicht des Schreckens.
Gemäss den Vertragsbestimmungen der NATO sind die Staaten des Bündnisses verpflichtet, im Falle eines Angriffs auf ein NATO-Mitglied, diesem militärisch beizustehen. Diese Klausel hat den Warschauer Pakt offensichtlich daran gehindert, irgendein NATO-Land anzugreifen. Das Risiko eines Weltkriegs ist zu gross. Heute gehören auch die meisten ehemaligen Staaten des Ostblocks zur NATO, da nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion viele dieser Länder unter dem Schutzschirm der NATO Zuflucht suchten.
Gelb: Blockfreie Staaten (neutral). Links: US-Präsident Dwight Eisenhower. Rechts: Ministerpräsident Nikita Chruschtschow.Das Jahr 1956 ruft fast schlagartig in Erinnerung, dass sich die Welt trotz des Wirtschaftswunders in Europa mitten im Kalten Krieg befindet.
Nach dem Tod Stalins 1953 war in den Staaten des Ostblocks immer wieder die Hoffnung aufgekeimt, man könne den Kommunismus weniger diktatorisch gestalten und mehr Unabhängigkeit von der Sowjetunion erlangen.
Als 1956 der neue starke Mann in der Sowjetunion, Nikita Chruschtschow, mit dem verstorbenen Diktator Stalin schonungslos abrechnet, glauben viele Ungarn, die Zeit sei reif für demokratische Reformen.
Am 23. Oktober kommt es zu einer riesigen Protestversammlung in Budapest. 200 000 Demonstranten, vorwiegend Studenten und Arbeiter, fordern ein Mehrparteiensystem und die volle Pressefreiheit. Sie haben genug vom Kommunismus und sie wollen eine volksnahe Regierung.
Einen Tag später wird der Reformer Imre Nagy (Aussprache: Notsch) zum Ministerpräsidenten gewählt. Er erklärt Ungarn für neutral und verlangt den Abzug aller russischen Truppen. Revolutionäre Ungarn erbeuten russische Panzer und erheben sich im ganzen Land gegen die in Ungarn stationierten Truppen der Roten Armee.Nach der Neutralitätserklärung der ungarischen Regierung erhalten die sowjetischen Truppen den Befehl, den Volksaufstand mit Waffengewalt niederzuschlagen. Es kommt zu erbitterten Kämpfen, bei denen die ungarischen Widerstandskämpfer mit Brandflaschen („Molotow-Cocktails“) gegen die Panzer der Roten Armee vorgehen.
Anfangs November überqueren Tausende von russischen Panzern zur Verstärkung der Roten Armee die russisch-ungarische Grenze und schlagen den Aufstand in Budapest und ganz Ungarn nieder. Nach zweiwöchigem Kampf bricht der Aufstand der hoffnungslos unterlegenen Ungarn zusammen. Die Regierung Nagy wird verhaftet und durch eine sowjetfreundliche Regierung ersetzt. Nagy wird später in der Sowjetunion hingerichtet.
200 000 ungarische Flüchtlinge verlassen in Land in Richtung Österreich. Von dort aus kommt eine grössere Zahl von ihnen in die Schweiz. Sie werden sehr herzlich empfangen und können sich längerfristig gut integrieren.
Wo blieb die Hilfe des Westens? Die USA waren nicht bereit, sich wegen Ungarn in den Einflussbereich der Sowjetunion einzumischen und einen Weltkrieg zu riskieren. Auch in der gleichzeitig im November sich abspielenden Suezkrise, wo die Engländer und Franzosen den Suezkanal wieder unter ihre Kontrolle bringen wollten, griffen die USA nicht ins Geschehen ein und überliessen die Initiative den Russen.
Der Bauernsohn Nikita Chruschtschow hat nach dem Tod Stalins (1953) nach und nach alle wichtigen Ämter in der Sowjetunion übernommen. Er ist entschlossen, die Sowjetunion im Wettbewerb mit dem Westen an die Spitze der Weltmächte zu führen.
Chruschtschow ist sprunghaft und schwer berechenbar. Immer wieder droht er dem Westen massiv, aber vor einer tödlichen militärischen Auseinandersetzung des Warschauer Pakts mit der NATO schreckt er zum Glück zurück. Er weiss aus eigener Erfahrung, wie furchtbar ein Krieg ist.
1957 schockiert die Sowjetunion mit dem Start des ersten Erdsatelliten „Sputnik“ die ganze westliche Welt. Die neue Supermacht besitzt offensichtlich so starke Raketen, dass sie einen Satelliten ins Weltall befördern kann.
Schon bald vergrössern die Sowjets ihren Vorsprung gegenüber den Amerikanern im Wettlauf um die Eroberung des Weltraums. Mit dem Astronauten Juri Gagarin gelingt es den Russen, einen Menschen in einer Raumkapsel mehrmals um die Erde zu schicken.
Chruschtschow geniesst diesen Triumph und nützt ihn auch politisch aus. Er stellt die russischen Erfolge im Weltraum als Sieg des Kommunismus über den Kapitalismus dar.Chruschtschow ist sich durchaus bewusst, dass die Amerikaner den Sowjets wirtschaftlich noch immer deutlich überlegen sind. Aber er spricht davon, dass man den Westen schon bald einholen werde.
Auch die Staaten des Ostblocks treibt er zu grösseren Anstrengungen im Wettbewerb mit dem Kapitalismus an. Hier tritt er an einer Veranstaltung mit Walter Ulbricht in der DDR auf.
Doch ein grosser Teil der wirtschaftlichen Leistungen wird für die militärische Aufrüstung statt für die Konsumgüterproduktion erbracht. So mangelt es im Ostblock noch lange an modernen Waschmaschinen und privaten Autos.Mitte der Fünfzigerjahre nimmt bei uns die Zahl der Autos zu. Die meisten Familien können sich aber noch kein Auto leisten, doch der Traum vom tollen Wagen ist präsent.
Einige Schweizer Garagen verkaufen für wohlhabende Personen teure amerikanische Luxusautos. Dazu gehört auch der abgebildete Ford Fairlane. Der Wagen bietet sechs Personen bequem Platz und zeichnet sich durch eine ruhige Fahrweise aus. Im Volksmund werden die grossen Autos „Strassenkreuzer“ genannt.
Die Garagen machen mit prächtigen Farbkatalogen auf die Strassenkreuzer aus den USA aufmerksam. Die prächtigen Fahrzeuge werden zum Inbegriff des Wirtschaftserfolgs in den USA. Ein gängiger Vergleich: Die Deutschen können sich einen VW-Käfer leisten, die Amerikaner aber einen grossen Ford.
Übrigens: In den Autos gibt es noch keine Sicherheitsgurte und die Geschwindigkeit auf den Landstrassen ist unbegrenzt. Dies ändert sich erst mit der zunehmenden Verkehrsdichte und steigenden Unfallzahlen.Mitte der Fünfzigerjahre nimmt bei uns die Zahl der Autos zu. Die meisten Familien können sich aber noch kein Auto leisten, doch der Traum vom tollen Wagen ist präsent.
Einige Schweizer Garagen verkaufen für wohlhabende Personen teure amerikanische Luxusautos. Dazu gehört auch der abgebildete Ford Fairlane. Der Wagen bietet sechs Personen bequem Platz und zeichnet sich durch eine ruhige Fahrweise aus. Im Volksmund werden die grossen Autos „Strassenkreuzer“ genannt.
Die Garagen machen mit prächtigen Farbkatalogen auf die Strassenkreuzer aus den USA aufmerksam. Die prächtigen Fahrzeuge werden zum Inbegriff des Wirtschaftserfolgs in den USA. Ein gängiger Vergleich: Die Deutschen können sich einen VW-Käfer leisten, die Amerikaner aber einen grossen Ford.
Übrigens: In den Autos gibt es noch keine Sicherheitsgurte und die Geschwindigkeit auf den Landstrassen ist unbegrenzt. Dies ändert sich erst mit der zunehmenden Verkehrsdichte und steigenden Unfallzahlen.
Junge Erwachsene besuchen am Wochenende gerne Cafés, um sich zu treffen. Die Musik kann selber gewählt werden, wenn man ein Frankenstück in die Musikbox wirft. Beliebt sind deutsche Schlager, aber auch Jazz- und Swingmelodien aus den USA können gewählt werden.
Bei Männern ist es beliebt zu rauchen, während rauchende Frauen in Cafés eher schräg angesehen werden. Die Frauenmode ist aus heutiger Sicht ziemlich brav. Frauen tragen weite Röcke und bei uns (im Gegensatz zu den USA) noch keine Jeans.
Um die jüngere Generation ins Café zu locken, bieten die Musikboxes aktuelle Musik auf Schallplatten. Ab Mitte der Fünfzigerjahre tauchen auch Platten mit Rock and Roll-Musik auf.
Die Platten sind in einem kreisförmigen Depot aufgereiht. Nach der Wahl eines Musikstücks dreht sich das Depot, bis die gewählte Platte zuoberst ist. Jetzt hebt ein Greifarm die Platte hoch und legt sie auf den Plattenteller. Dann senkt sich der Tonarm mit der feinen Nadel auf die äusserste Plattenrille. Die Musik beginnt.
Alle diese automatischen Vorgänge lassen durch die Glasscheibe der Musikbox gut verfolgen.
Seit Beginn der Fünfzigerjahre sind Hörspiele bei Radio Beromünster sehr beliebt. Volksschauspieler wie Schaggi Streuli oder Emil Hegetschweiler machen Hörspiele zu Strassenfegern. Ganze Familien sitzen abends vor dem Radio und hören gebannt zu, um mitzuerleben, was alles in einer Kleinstadt passiert.
Die meisten können es sich leisten, ab und zu ins Kino zu gehen. Neben den bekannten ausländischen Filmen hat die Schweizer Filmproduktion grossen Zulauf. Gezeigt wird der Schweizer Alltag in verschiedenen Berufen, oft auf eine etwas biedere Weise. Wenn es Probleme gibt, werden diese über Vernunft und Einsicht am Ende einvernehmlich gelöst.
Eine der populärsten Figuren ist „Polizischt Wäckerli“ mit Schaggi Streuli. Sowohl als Hörspiel wie als Film begeistert die Geschichte mit dem wackeren Dorfpolizisten die Schweizer Bevölkerung. Die Kinokassen sind voll, wenn Polizist Wäckerli auftritt und mit viel Scharfsinn, etwas Menschenkenntnis und einem guten Herz seine Fälle löst.
Tipp: Manche Filme aus der grossen Zeit des Schweizer Kinofilms können noch heute berühren und vermitteln ein eindrückliches Bild des damaligen Zeitgeists. So führen uns die Produktionen mit den Volksschauspielern Ruedi Walter und Margrit Rainer mitten in ein typisch kleinbürgerliches Schweizer Milieu der Fünfzigerjahre.
Seit in der Stadt die neue Kunsteisbahn eröffnet worden ist, erfährt der Eislaufsport grossen Zulauf. Vrenis Schulklasse ist diesen Winter schon zweimal an einem Schulnachmittag auf dem Eisfeld gewesen. Vreni musste sich mit den anschraubbaren Schlittschuhen ihrer Mutter („Schraubendampfer“) begnügen, was dem Teenager wenig behagte.
Vrenis Wunsch für die nächste Weihnacht ist klar: Sie wünscht sich schöne weisse Eislaufstiefel, wie sie im Eiskunstlauf verwendet werden. Ihre Freude ist gross, als ihr ihre Gotte den Wunsch erfüllt.
Die Spielzeugwünsche der meisten Mädchen sind sehr traditionell. Sie wünschen sich Puppenstuben, Puppenküchen und vielleicht noch einen Stubenwagen.
Viele Mädchen freuen sich über spannende Jugendbücher. Besonders beliebt sind die brandneuen Jugendromane von Federica de Cesco.
Wer bereits einen Plattenspieler besitzt, erhält als Geschenk allenfalls eine Schallplatte.
Auf Weihnachten wünscht sich Werner eine zweite Lokomotive für seine Modelleisenbahn. Er stellt sich vor, wie er und sein Bruder Urs einmal eine ganz große Modelleisenbahnanlage für mehrere Züge aufbauen werden.
Werner besitzt bereits die Schnellzugslokomotive Re 4/4 mit drei Personenwagen. Dazu kommen drei Weichen, ein Signal und ein paar Güterwagen. Jetzt möchte er eine Güterzugslokomotive, um einen Güterzug bilden zu können.
Sein Weihnachtswunsch ist nicht ganz bescheiden: Werner hofft, dass er die prächtige Krokodillokomotive von Märklin von seiner Gotte erhält. Ob sein Weihnachtswunsch wohl in Erfüllung geht?
Kommentar: Modelleisenbahnen waren (und sind) ein relativ teures Spielzeug. In Deutschland produzierte der damalige Markführer Märklin sehr fein nachgebildete Modelle. Die beiden abgebildeten Lokomotiven waren in erster Linie für den Schweizer Markt bestimmt. Da die Schweizer kaufkräftig waren, wurden die beiden Modelle schon zu Beginn der Fünfzigerjahre mit Erfolg bei uns angeboten. Die kleinen Schweizer Modelleisenbahnfirmen (BUCO, Hag, Wesa) hatten es gegenüber der Konkurrenz aus Deutschland nicht leicht.
Das Schweizer Monopoly kam zwar schon 1939 auf den Markt. Aber ein Verkaufsschlager wird es bei uns erst in den Fünfzigerjahren.
Das Monopoly-Spiel passt bestens in die Fünfziger- und Sechzigerjahre mit ihrem raschen wirtschaftlichen Aufschwung. Jeder kann reich werden, aber er muss aufpassen, dass er nicht die falsche Handelsstrategie wählt. Und da Monopoly ein Würfelspiel ist, gehört auch noch eine Portion Glück dazu.
Die Felder mit den verschieden farbigen Grundstückkarten zeigen, in welchen Städten und an welcher Lage es am meisten zu verdienen gibt. Es überrascht nicht, dass ein Hotel am Zürcher Paradeplatz bei gutem Geschäftsgang im Spiel die höchste Rendite abwirft.
Das Spiel ist bei Teenagern und auch bei Erwachsenen der Fünfzigerjahre sehr beliebt. Oft wird ein ganzer Nachmittag oder Abend lang eine Runde Monopoly gespielt, bis die Siegerin oder der Sieger feststeht.
Tipp: Warum nicht einmal mit Monopoly, Tipp-Kick oder anderen Spielen aus den Fünfzigerjahren einen regnerischen Nachmittag verbringen?
Der wachsende Wohlstand zeigt sich auch bei den Geschenken für die Kinder. Die neuen Trottinets haben nun aufpumpbare Pneus und sind auch auf holprigen Unterlagen recht schnell.
Wer kein Trottinet hat, kann da nicht mehr ganz mithalten. Immerhin kann man sich auch mit einem Fußball unter dem Arm gut in Szene setzen.
Die Mustermesse in Basel (MUBA) ist in den Fünfzigerjahren und danach die bedeutendste Leistungsschau der Schweizer Industrie. Jeden Frühling (bis 2019) erinnern die farbigen MUBA-Plakate daran, dass es in Basel nicht nur den berühmten Morgestraich gibt.
Grössere Schweizer Firmen präsentieren in den Messehallen ihre neusten Maschinen und Geräte. Es finden Vorführungen betriebsfähiger Maschinen statt, damit sich die Käufer ein besseres Bild von den angebotenen Produkten machen können.
Die Messe ist sehr populär, da für jeden Käufer etwas geboten wird. So können auch Haushaltgeräte wie Mixer, Staubsauger oder Waschmaschinen direkt an der Messe gekauft werden. Die SBB führen während der Zeit der MUBA die Besucher mit Extrazügen nach Basel.
Nachtrag: Nach der Jahrtausendwende hat die MUBA an Bedeutung verloren, da in Zeiten des Internets fast alle Industriemessen Mühe haben, Besucher anzuziehen. Aufgrund des abnehmenden Interesses hat die MUBA im Februar 2019 ihre Tore für immer geschlossen.
Die Familien des Mittelstands profitieren stark vom wirtschaftlichen Aufschwung.
Herr Brunner ist letztes Jahr zum Werkmeister befördert worden. In seiner Abteilung werden die mechanischen Teile der neuen Gotthardlokomotive Ae 6/6 zusammengebaut. Die SBB hat der Lokomotivfabrik SLM einen grossen Auftrag für den Bau dieser starken Lokomotiven erteilt. Es herrscht Vollbeschäftigung.
Im Frühjahr 1958 bietet sich Familie Brunner die Chance, einen günstigen Mietvertrag abzuschliessen und in ein älteres Doppeleinfamilienhaus einzuziehen. Das Haus ist in gutem Zustand und in einer ruhigen Wohnlage.
Im Mai 1958 kann die Familie in ihr neues Heim einziehen. Die grösser gewordenen Kinder freuen sich riesig, mehr Platz zu haben. Vreni hat jetzt ein schönes eigenes Zimmer. Die beiden Buben teilen im zweiten Stock zusammen einen grossen Raum, wo sie viel Platz zum Spielen haben.
Frau Brunners Wunsch, einen eigenen Garten zu besitzen, geht in Erfüllung. Mit viel Freude macht sie sich daran, den Garten und zusammen mit ihrem Mann den Rasen zu pflegen.
Für neue Möbel reicht das Geld noch nicht. Einzig das Radio in der Stube ist ein neues Modell, bei dem man sogar UKW-Sender (Ultrakurzwellen) empfangen kann. Der Ton ist klarer zu vernehmen als bei den Mittelwellen-Sendern.
Die Nachbarn haben bereits einen kleinen Schwarzweiss-Fernseher mit einer Innenantenne im Estrich. Doch die meisten Familien besitzen noch keinen Fernsehapparat.
Der reguläre Fernsehbetrieb in deutscher und französischer Sprache wird erst 1958 aufgenommen. Anfänglich ist das Schweizer Fernsehen auf Druck der Zeitungsverleger noch werbefrei.
Während der Fussball-WM 1958 in Schweden sind Restaurants und viele Cafés überfüllt, wenn bereits ein Fernsehapparat installiert ist. Obwohl erst schwarz-weiss gesendet wird, übt das neue Medium vor allem bei Sportübertragungen eine grosse Faszination aus.
Aus heutiger Sicht ist es schwer vorstellbar, dass es damals jede Woche einen sendefreien Tag beim Schweizer Fernsehen gab und an den meisten Ort insgesamt nur drei bis fünf Programme empfangen werden konnten.
Familie Brunner kann das Telefon des ehemaligen Besitzers des Einfamilienhauses übernehmen. Das Telefon ist ein Tischapparat mit einer drehbaren Wählscheibe.
Früher in der Mietwohnung musste Frau Brunner zu einer Nachbarin gehen, wenn sie jemandem telefonieren wollte. Nach einem Telefongespräch wurde auf einem Zähler abgelesen, wie viele Minuten sie telefoniert hatte. Aufgrund der Gesprächszeit gab Frau Brunner der Nachbarin eine Entschädigung. Jetzt ist Frau Brunner froh, dass sie ungestört zuhause telefonieren kann.
Vreni hat eine Leidenschaft fürs Telefonieren entwickelt. Da die Innerortsgespräche fast nichts kosten, telefoniert die Fünfzehnjährige oft mehr als eine halbe Stunde lang mit ihrer Freundin. Manchmal lösen sie sogar zu zweit die Hausaufgaben übers Telefon, indem sie laufend die Ergebnisse der Rechenaufgaben austauschen.
Die Küche ist vor dem Einzug vollständig renoviert worden. Mit der hoch modernen Waschmaschine geht für Frau Brunner ein Traum in Erfüllung. Jetzt kann sie selber bestimmen, wann sie waschen will und muss nicht mehr stundenlang in der dampfenden Waschküche stehen.
Die geräumige Küche ist sehr zweckmässig eingerichtet und besitzt einen Kühlschrank. Es hat genug Platz, damit die Familie die Mahlzeiten in der Küche einnehmen kann.
Der Mittelpunkt für die ganze Familie ist das neue Radio. Es ist ein Röhrenmodell, das sehr viel Platz benötigt. Die kleineren Transistorgeräte sind noch nicht weit verbreitet. Wichtigster Tonträger ist 1958 die Schallplatte. Es gibt große Langspielplatten für Konzertaufnahmen und kleine Platten für Schlager und kurze Musikstücke. Übrigens: Die Weihnachtswünsche der Kinder gehen in Erfüllung: Werner erhält seine Krokodillokomotive, Vreni den heiss ersehnten Plattenspieler und Urs eine junge Katze. Der Jüngste kann es so verschmerzen, dass sein Wunsch auf ein Pneu-Trottinet noch nicht in Erfüllung gegangen ist.
Gegen Ende der Fünfzigerjahre wird die Musik vielfältiger. Am beliebtesten bei uns sind die meist auf Deutsch gesungenen Schlager. Der Italiener Rocco Granata singt von seiner Marina, die er gerne heiraten möchte. Auch da gibt es eine deutschsprachige Version.
Etwas fetziger tönt die Musik der jungen Conny Froboess aus Berlin. Ihr Stern geht erst richtig auf und wird 1962 mit „Zwei kleine Italiener“ den Höhepunkt erreichen. Ihre Musik spricht vor allem die Teenager an.
Schon länger im Musikgeschäft dabei ist der große Jazztrompeter und Sänger Louis Armstrong. Auf seinen Europatourneen besucht er auch die Schweiz und begeistert die Freunde des alten Jazz.
Ganz andere Töne hört man von Elvis Presley. Seine Rock and Roll-Musik elektrisiert einen Teil der Jugend. In Europa wird er bekannt, seit er als amerikanischer Soldat ab 1958 zwei Jahre in Deutschland stationiert ist.
Seit Vreni ihren neuen Plattenspieler besitzt, hört man in ihrem Zimmer oft Rock an Roll-Musik. Manchmal tanzt sie im Zimmer herum und singt begeistert mit, wenn der Jailhouse Rock von Elvis Presley ertönt.
Ihre Eltern ermahnen sie oft, sie solle die Musik etwas leiser einstellen. Sie selber hören lieber Chorkonzerte oder Volksmusik. Mit Rock and Roll können sie ganz und gar nichts anfangen.
Am liebsten würde Vreni einen Rock and Roll-Tanzkurs besuchen. Doch ihr Vater will, dass sie den Kurs selber bezahlt. Vreni hat vor, nächstes Jahr eine Ferienarbeit zu übernehmen, um etwas Geld zu verdienen.
Da Vreni gute Noten in den Sprachen hat , darf sie das Freifach Englisch in ihrem letzten Volksschuljahr besuchen. Die englischen Texte von Elvis Presleys Songs kann sie fast alle auswendig.
Vreni ist in der dritten Klasse der Sekundarschule und bereitet sich für den Eintritt in die Handelsschule vor. Im nächsten Frühjahr muss sie dazu eine Aufnahmeprüfung ablegen. Fast alle ihre Kolleginnen werden in eine Berufslehre eintreten. Einzig ihre Freundin Annemarie hat sich für die Aufnahmeprüfung in die Lehramtsschule angemeldet. Sie möchte Lehrerin werden.
1958 findet auf dem Gelände der Landiwiese in Wollishofen die Saffa statt. Saffa ist das Kürzel für „Schweizerische Ausstellung für Frauenarbeit“.
Über hundert Frauenorganisationen, die an der Saffa beteiligt sind, wollen der Öffentlichkeit bewusst machen, was Frauen in unserer Gesellschaft alles leisten. Das Motto der Ausstellung heisst „Lebenskreis der Frau in Familie, Beruf und Staat“.
Architektonisch fällt der moderne Wohnturm auf. In guter Erinnerung bleibt vielen Besuchern auch die künstlich aufgeschüttete Saffa-Insel, die heute als Liegewiese für Badegäste dient. Die Insel ist durch eine kleine Brücke mit dem Ausstellungsgelände verbunden.
Die Saffa mit ihrer alltagsnahen Präsentation der Frauenarbeit hat zweifellos zu einem Nachdenken über die gesellschaftliche und politische Rolle der Frauen geführt.
An der Saffa können die Besucher zuschauen, wie Frauen ihren Beruf ausüben. Neben Arbeitsplätzen für traditionelle Frauenberufe (Weben, Säuglingspflege, Haushalt) sind auch Einrichtungen für modernere Berufe wie beispielsweise die Arbeit an einem Fernschreiber zu sehen.
Die Ausstellerinnen verlangen keine radikalen Änderungen. Sie vertreten ein eher konservatives Frauenbild der Fünfzigerjahre. Frauen mit ihren sozialen Fähigkeiten sorgen dafür, dass das Zuhause für Mann und Kinder ein Hort der Geborgenheit ist.
Frauen sollen eine gute Berufsbildung erhalten und bis zur Heirat in einem Beruf tätig sein. Dann folgt die Familienphase, wo sie zuhause den Haushalt führen. Wenn die Kinder grösser sind, sollen die Frauen wieder in den gelernten Beruf einsteigen.
Politisch fordern fortschrittliche Frauenverbände die Einführung des Frauenstimm- und Wahlrechts. Dessen Einführung ist überfällig, denn in fast allen Ländern Europas sind die Frauen den Männern 1958 politisch längst gleichgestellt.
Leider will es beim Frauenstimmrecht nicht recht vorwärtsgehen. Die Vorstellung, dass die Frauen in erster Linie zuhause für ihre Familie sorgen sollen, ist in den Fünfzigerjahren noch tief in der Bevölkerung verwurzelt.
1959 wird eine eidgenössische Vorlage für die Einführung des Frauenstimmrechts mit 66 Prozent Nein-Stimmen abgelehnt. Selbst bei den Frauenorganisationen herrscht keine Einigkeit darüber, ob man den Frauen das Stimmrecht geben solle.
Es braucht viel Mut für Frauen, wenn sie öffentlich für die Einführung des Frauenstimmrechts auftreten wollen. Aber immer mehr Frauen wagen es, sich für ein Ja einzusetzen.
Die Hoffnung, dass die Zeit für die Frauen arbeitet, ist berechtigt: Die welschen Kantone Waadt, Neuenburg und Genf stimmen der Einführung des Frauenstimmrechts zu und führen dieses auf kantonaler Ebene ein. Damit ist eine entscheidende Bresche in die Front der Neinsager geschlagen.
Politisch geht es eher ruhig zu in unserem Land. Die gute Wirtschaftslage und der anhaltende Optimismus, dass es allen von Jahr zu Jahr besser gehen wird, stimmt zuversichtlich.
Jahr für Jahr steigen die Löhne der Arbeiter und Angestellten. Arbeitnehmer und Arbeitgeber führen jedes Jahr erfolgreiche Lohnverhandlungen, bei denen es weder zu Streiks noch zu grossen Unstimmigkeiten kommt.
Bei der Wahl des neuen Bundesrates von 1959 kommt erstmals die „Zauberformel“ zum Zug. Die grössten Parteien unseres Landes teilen die sieben Bundesratssitze proportional zu ihrer prozentualen Stärke im Parlament unter sich auf. Erstmals erhält die Sozialdemokratische Partei nun zwei Sitze.
Freisinnige (heute FDP), Sozialdemokraten (SPS) und Katholisch-Konservative (heute Mittepartei) erhalten je zwei Bundessratssitze. Die BGB (heute SVP) bekommt den siebten Sitz.
Heute (2026) ist die SVP die stärkste Partei und hat gemäss Zauberformel Anspruch auf zwei Bundesratssitze. Die Mitte als kleinste der vier Bundesratsparteien muss mit einem Sitz zufrieden sein.
Die blühende Schweizer Wirtschaft leidet an einem Arbeitskräftemangel. Unser Land ist auf Gastarbeiter angewiesen. Diese kommen in erster Linie aus Italien.
Da viele Italiener keinen Beruf erlernt haben, werden sie dort eingesetzt, wo vor allem einfache manuelle Arbeit geleistet werden muss. Die meisten Italiener kommen ohne Familien zu uns und versuchen, durch harte Arbeit und ein bescheidenes Leben Geld auf die Seite legen zu. Ihr Traum ist es, nach ein paar Jahren mit einem kleinen Vermögen nach Süditalien zurückzukehren.
Die Integration der Italiener in unsere Gesellschaft gelingt nur teilweise. Die Italiener bleiben in der Freizeit oft unter sich und pflegen ihre eigenen Spiele (Boccia, Fußball, usw.) und ihre eigenen Feste.
Etwas abschätzig werden sie von der Schweizer Bevölkerung manchmal als „Tschinggen“ bezeichnet. Dabei sind alle froh, dass die Italiener Arbeiten übernehmen, die wir selber nicht ausführen möchten.
Die Italiener freuen sich riesig auf die Weihnachtsferien. Für zwei Wochen können sie zurück in ihre Heimat fahren und wieder mit ihren Familienangehörigen zusammen sein.
Im Bahnhof Zürich steht ein Extrazug nach Bari bereit. Es sind nicht die neusten Wagen, die für den langen Zug eingesetzt werden. Aber die Stimmung unter den Gastarbeitern ist gut, obwohl eine sehr lange Reise bevorsteht.
Man hilft sich beim Einladen der prall gefüllten Koffer. Damit es schneller geht, reichen sich die Arbeitskollegen die Koffer durch die offenen Fenster, welche sich bei den alten Wagen noch öffnen liessen.
Die Italiener freuen sich riesig auf die Weihnachtsferien. Für zwei Wochen können sie zurück in ihre Heimat fahren und wieder mit ihren Familienangehörigen zusammen sein.
Im Bahnhof Zürich steht ein Extrazug nach Bari bereit. Es sind nicht die neusten Wagen, die für den langen Zug eingesetzt werden. Aber die Stimmung unter den Gastarbeitern ist gut, obwohl eine sehr lange Reise bevorsteht.
Man hilft sich beim Einladen der prall gefüllten Koffer. Damit es schneller geht, reichen sich die Arbeitskollegen die Koffer durch die offenen Fenster, welche sich bei den alten Wagen noch öffnen liessen.
Mitten in der Zeit des Kalten Krieges ist Europa näher zusammengerückt. Zwei Baumeister der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG, Vorläufer der Europäischen Union) sind der deutsche Bundeskanzler Konrad Adenauer und der neue Französische Präsident Charles de Gaulle. Die beiden wissen, dass Europa nur mit einer Versöhnung der alten Erzfeinde Deutschland und Frankreich einen dauerhaften Frieden und allgemeinen Wohlstand erreichen wird.
Unter dem Druck der ständigen Bedrohung aus dem Osten geht der Zusammenschluss der Kernstaaten Europas relativ zügig voran. Nach dem ungarischen Volksaufstand von 1956 ist den Staaten Westeuropas bewusst, dass man geeint der kommunistischen Gefahr entgegentreten muss.
1958 erfolgt der erste wirtschaftliche Zusammenschluss von sechs Staaten Westeuropas. Neben den beiden wirtschaftlich starken Ländern Frankreich und Deutschland sind Italien, die Niederlande, Belgien und Luxemburg bei der EWG dabei.
Ziel ist ein freier Markt ohne Zölle und mit freiem Personenverkehr sowie eine verbesserte politische und kulturelle Zusammenarbeit.
Wie wird es weitergehen? Europäische Gemeinschaft mit freiem Personenverkehr (EG), Europäische Union (EU) mit 28 Mitgliedländern, davon 19 Länder mit gleicher Währung (Euro).
Die neue EWG beschleunigt den Ausbau der Verkehrsverbindungen zwischen den grossen Städten Westeuropas. Auch die Schweiz beteiligt sich daran.
Bei den Geschäftsleuten sind die luxuriösen TEE-Züge (Trans Europ-Express) sehr beliebt. Die Züge verfügen ausschliesslich über Erstklass-Abteile, einen hervorragenden Bordservice und sind geeignet für das Arbeiten im Zug. Da die Züge bis in die Stadtzentren fahren, sind sie trotz des relativ hohen Preises eine echte Konkurrenz für die aufkommende Luftfahrt.
Von der Schweiz aus verkehren TEE-Züge nach Amsterdam, Hamburg, München und Paris, sowie ab 1961 auch nach Mailand. Je nach Strecke sind die TEE-Züge mit Diesel- oder Elektroantrieb ausgerüstet.
Die TEE-Züge sind Ende der Achtzigerjahre durch die über zwei Klassen verfügenden Intercity-Züge abgelöst worden.
Für die längeren Strecken innerhalb Europas entscheiden sich die Geschäftsleute aber dennoch oft für das Flugzeug. Der Service der Swissair geniesst einen guten Ruf und die Flugzeiten sind deutlich kürzer als mit der Bahn.
Der schweizerisch-niederländische TEE-Zug mit dem Namen Edelweiss verkehrt zwischen Basel und Amsterdam. Auf der 1050 km langen Strecke legt der Zug 13 Zwischenhalte ein und erreicht eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 110km/h. Die gesamte Fahrzeit beträgt 9:30 Minuten. Kommentar: Am längsten im Einsatz war der TEE-Zug „Gottardo“, der für den Betrieb auf verschiedenen Bahnen mit vier unterschiedlichen Stromsystemen ausgerüstet ist. Dieser moderne TEE-Zug war von 1961 bis 1988 auf Europas Schienen zu sehen und wird heute für Extrafahrten wieder eingesetzt.
Im Sommer 1959 kauft sich Herr Brunner einen VW. In diesem Modell hat die ganze fünfköpfige Familie Platz. Der VW-Käfer mit dem luftgekühlten Motor ist zwar ziemlich laut, aber grundsolid. Er läuft und läuft und läuft und läuft ……. (VW-Werbespruch).
Der Sonntagsausflug wird jetzt mit dem blauen Käfer unternommen und nicht mehr mit der Bahn.
Das Angebot an Autos für die Mittelklasse steigt von Jahr zu Jahr. Die Autofirmen haben die Mittelschicht entdeckt und propagieren das Familienauto. Grosser deutscher Konkurrent von VW ist die Firma Opel, welche mit dem Opel Rekord von 1958 einen geräumigen Mittelklassewagen auf den Markt bringt.
Die Fünfzigerjahre waren eine Zeit des wirtschaftlichen Aufbruchs und der Hoffnung auf wachsenden Wohlstand. Gleichzeit war aber auch der Schatten des Kalten Krieges stets präsent.
Das Bild zeigt eine Plattenhülle mit Hits der Fünfzigerjahre. Die abgebildeten Produkte sind technisch gesehen keine Neuerfindungen, aber sie sind in den Zeiten des Wirtschaftswunders für fast jedermann nun erschwinglich geworden.
Hinweis: Die Große Zeit des Fernsehens kommt in der Schweiz aber erst in den Sechzigerjahren.
Übrigens: Vreni und ihre Freundin Annemarie haben ihre Aufnahmeprüfungen bestanden. Sie werden von der Fortsetzung des Wirtschaftswunders in den Sechzigerjahren profitieren können.
Tipp: Warum nicht ein paar gute Hits aus den Fünfzigerjahren wieder aufleben lassen und sich über den damaligen Musikstil wundern?
Tipp
Nr. 1: Das Schweizer Wirtschaftswachstum. 96 Charts mit Erläuterungen. Und 12 Thesen. Nr. 2: Die Erfolgsgeschichte der Gotthardbahn. 99 Charts mit Erläuterungen. Und 12 Thesen. Weitere Themen erscheinen demnächst.
Kurzporträt Hanspeter Amstutz
Ehemaliger Sekundarlehrer mit langjähriger Berufserfahrung. Mitgestalter in der Zürcher Schulpolitik als Kantons- und Bildungsrat. Aktuell tätig als Referent zu historischen Themen, in der Lehrerfortbildung im Bereich Geschichte sowie als Autor für zwei Schulblogs. Kontakt: famamstutz@bluewin.ch
Ein grosses Anliegen von Hanspeter Amstutz ist es, Meilensteine unserer Schweizer Geschichte in Vorträgen lebendig werden zu lassen. Anfragen für öffentliche Präsentationen nimmt er über seine Mailadresse entgegen.
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In der Serie «Swiss History Charts by Hanspeter Amstutz» erleben Sie Schlüsselereignisse zur Schweizer Geschichte wie nie zuvor: anschaulich und informativ, anregend und prägnant. Hier und jetzt: Die Erfolgsgeschichte der Gotthardbahn.
In der multipolaren Welt setzen mittelgrosse Staaten mit ihren spezifischen Vorteilen selbständig auf die «Dimension Schweiz» – und liegen in einer reicher werdenden Welt der grossen wie der neuen, kleineren Pole richtig.
Aufgewachsen in Laax GR, wohnhaft in Zürich, beruflich in aller Welt unterwegs, rückt Remo Arpagaus in seinen Gedanken und Anregungen für die bauliche Zukunft der Schweiz das unproduktive Land in den Bergen und Alpen in den Mittelpunkt mit dem Ziel, neuen Lebensraum im Einklang mit den Ressourcen zu schaffen.
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