Daniel L. Ambühl ist der wohl intimste Kenner der internen und integrierten Kommunikation in der Schweiz. Als Präsident prägte er den Schweizerischen Verband für interne und integrierte Kommunikation (SVIK) von 1998 bis 2024. In diesem Beitrag nimmt der heutige SVIK-Ehrenpräsident die Leserschaft mit auf eine Zeitreise in die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der internen und integrieren Kommunikation in der Schweiz.
Welche Sichtweisen hat Daniel L. Ambühl, President past SVIK, zur internen und integrierten Kommunikation in der Schweiz? Lesen Sie den Beitrag – und gewinnen Sie fundierte Erkenntnisse und praktische Erfahrungen.
Frage 1: Welche Gründe haben in der Vergangenheit zum Erfolg der internen Kommunikation geführt?
Von der Unordnung zur Ordnung
Astronomen wissen: Irreversible Vorgänge gehören zur Alltagserfahrung. Unordnung entsteht naturgemäss in spontan ablaufenden Prozessen. So stellten anfangs der Industrialisierung Fabrikbesitzer fest, dass Maschinen sich abnutzen. Überraschend auch die Erkenntnis: Soziale Systeme verzeichnen ebenfalls «Abrieb». Beides beeinflusst stets betriebs- und volkswirtschaftliche Überlegungen. Ob Besitzer oder Manager, beide wollen das mit Mitteln und Methoden der Organisation minimieren oder sogar verhindern. Ihre Absicht war und ist es noch heute, technologieorientiert, kostenbewusst und ökonomisch-rechtlich konform zu führen. Regelmässig- und Planbarkeit der Produkte und Dienstleistungen waren und sind stets das Ziel. Ruhe und Ordnung schaffen dazu die Grundlage. Um das zu erreichen, eignet sich stets Information und Kommunikation. In SVIK-Studien wird der Beginn der systematischen Mitarbeiterinformation dem zweiten Dezennium des 19. Jahrhunderts zugeordnet.
Die Betriebswissenschaft der 1920er Jahre verband den Begriff Organisation mit Stabilität. Repetitive Betriebsabläufe waren das Mittel. Doch erst in den 1970er Jahren hielt Alfred DuPont Chandler[1] fest: Management benötigt auch Strategie und Vision. Damit begann das Zeitalter der «internen und integrierten Information und Kommunikation». Dazu benutzte das Management Anpassungsfähigkeit und eben auch Improvisation. Keine Organisation überlebt, wenn sie das nicht kann. Rezepte dazu gibt es zwar viele. Aber nicht jede «Medizin» sichert Heilung oder Überleben. Allerdings: Mit den Mitteln und Methoden der Information und Kommunikation lässt sich der Fortbestand des Betriebes eher sichern, wenn oft zuletzt auch nur geschichtlich. Als Bespiele dienen hier u.a. Kodak, Schweizerischer Bankverein und Crédit Suisse.
Von der Willensbildung zur Willensumsetzung
Management zielt stets ab auf exzellente Ergebnisse! Dafür konzentriert es sich auf Zustände und Prozesse. Doch Verhalten und Verhältnisse werden zu oft übersehen. Führungskommunikation sichert dann den Leistungsabruf und füllt eventuelle Informationslücken. Unsicherheit und Meinungsverschiedenheiten lassen sich so auch beseitigen. Wo aber Zweifel bestehen, müssen Umfragen und Aussprachen klären helfen. Feedbackkultur unterstützt das. Dabei werden stets die Mittel und Methoden der internen und integrierten Information und Kommunikation angewandt. Managerinnen und Manager verbinden so seit über 50 Jahren die Ansprüche der Mitarbeitenden mit der Arbeitsrealität. Dafür setzen sie systematisch Instruktion, Aus- und Weiterbildung, kontrollierte Information sowie Schlüsselwörter ein. Regelmässige Führungskommunikation hilft, gute Resultate zu erzielen.
Die Währung «interne Kommunikation»
Lange produzierten nur Betriebsjournalisten «interne Information und Kommunikation» in Magazinform. Im Nachgang zum «Black Friday» und zur Rezession im letzten Jahrhundert überzeugten Franzosen die amerikanische Regierung, die Bevölkerung mit PR auf einen Aufschwung einzustimmen. Als Öffentlichkeitsarbeit übertrugen dann die PR-Agenturen dieses Konzept auf Organisationen. Fokus dabei war Sinngebung und Motivation der Mitarbeitenden. Das Management wollte aber mehr: Führen, Lernen und Entwickeln für den geordneten Fortbestand der Organisation.
Und schon Aristoteles[2] und später John Locke[3] haben Kommensurabilität (Vergleichbarkeit und Messbarkeit von Objekten, Konzepten sowie Werten), Reziprozität (Gegen- und Wechselseitigkeit) und Common Good (Güter, Interessen und Bedingungen, die den Mitgliedern einer Gemeinschaft zustehen) als Voraussetzungen für das gute Zusammenleben bezeichnet. Das ist der «Goldstandard jeder Zweckgemeinschaft». Er löst Identifikation, Eigenverantwortung und Wahrhaftigkeit bei den Mitarbeitenden aus. Gegenseitigkeit, Vergleichbarkeit und Gemeinwohl sind somit der Dünger für Produktivität und Effizienz.
Damit löst sich die Unternehmenskommunikation endgültig von den Ansätzen herkömmlicher Öffentlichkeitsarbeit und Meinungssteuerung.
An erster Stelle stehen seither die Förderung von Leistungsbereitschaft, Produktion, Zuverlässigkeit und Effizienz. Die folgenden 8 Ks bilden dazu wichtige «Vitamine»:
- K 1: Konsistenz: Realitätsbezug der Führung bei Anordnung und Arbeitsteilung
- K 2: Konsens: Abstimmvorgänge bei der Willensbildung und -umsetzung
- K 3: Kongruenz: Vergleich der Absicht zur Realisierung bei der Willensumsetzung
- K 4: Kontingenz: Einheitlichkeit und Verträglichkeit der intellektuellen und physischen Berührungspunkte
- K 5: Kohärenz/Kohäsion: Umsetzung von Aspekten der Kultur und des Zusammenhalts
- K 6: Koordination: Güte und Geschwindigkeit des Informationsaustausches
- K 7: Koinzidenz: Übereinstimmung der geplanten Ereignispunkte mit der zeitlichen Realisierung
- K 8: Kontrolle/Korrektur: Art und Weise der Kontrolle und Korrektur
Lernen aus Fehlern und Konflikten
Wo Menschen arbeiten, entstehen auch Fehler und Konflikte. Das sind stets Effizienzkiller und Produktivitätsfresser. Die Betriebswissenschaft kann’s nicht ändern, aber beobachten und lernen. Systematik, aber auch Improvisation helfen dabei. Diskussionen entstehen stets über Verhalten und Verhältnisse im Betrieb. Nur Resilienz pflegen, taugt nichts; Information und Kommunikation ist notwendig. Das zeigen u.a. börsengängige Unternehmen: Leistungsanforderungen- und Abgeltungen der Angestellten bilden ständig Themen in den Betrieben und Medien.
Aber auch Anordnung und Führung oder das Verarbeiten vorlaufender Signale vor Fehlleistungen beschäftigen Professoren. Um dem Image zu genügen, finden Pressekonferenzen statt oder es werden «Personal-Events» veranstaltet. Dabei werden Missstände zu gerne argumentativ «weissgewaschen». Besser wäre es, sich an solchen Anlässen über das Erreichte zu erfreuen und sich dabei zusammen mit dem gesamten Personal auf die nächsthöheren Ziele einzustellen.
Frage 2: Warum ist interne Kommunikation heute erfolgreich?
Kleine Organisationen sind effizienter als grosse
Die Praxis belegt es: Heute nutzen in der Schweiz viele kleine und mittlere Betriebe die interne Information und Kommunikation. In Portionen eingesetzt, fördern sie damit die Transparenz und damit die Produktivität und Effizienz. Mitarbeitende aller Hierarchiestufen schätzen das. Im Gegenzug haben grosse Organisationen dazu noch mehr betriebswirtschaftliche, ökonomische und eben auch politische sowie rechtliche Möglichkeiten. Doch die «Verwissenschaftlichung der Führungsprozesse» schafft unproduktives Betriebsklima. Betriebe verschwenden ihre Energie häufig für Administratives und Nebensächliches. Im öffentlichen und privaten Dienstleistungssektor der Schweiz finden sich gute Beispiele dafür. Fakten werden gerne durch Moral und Ethik ersetzt. Die Aus- und Weiterbildung, die Personalselektion, dann das Marketing und letztlich die Werbung übernehmen die damit entstehenden Modewörter jeweils schnell.
Das Abweichen von den Hauptzielen verschlingt stets Energie; Organisationen werden dadurch träge. Beobachtungen zeigen, dass grosse Firmen dabei ein besonders starkes Beharrungsvermögen an den Tag legen. Je umfangreicher die Wertschöpfungskette eines Betriebes ist, desto stärker ist die Arbeitsteilung. «One man one brain»: Damit wächst automatisch jede Argumenten-Kette. Dazu treten immer wieder Informationslecks auf. Die daraus entstehenden Widersprüche erschweren auch die interne Kommunikation. Das trifft besonders auf Betriebe und Verwaltungen während führungsschwachen Phasen zu. Langfädige Umsatz-, Rentabilitäts- und Fabrikationsprobleme sind vorerst die in der Öffentlichkeit bemerkbaren Signale. Allmählich folgen mehrdeutige Aussagen über die Medien. Wenn jedermann das Desaster vor Auge hat, dann ist es zu spät, das Ruder rumzuwerfen. Nestlé, CS, Burger sind u.a. aktuelle Beispiele für solche Abläufe.
Offizielle und interne Aufsichts- und Kontrollinstanzen müssten eigentlich schon lange realisieren, dass alle kleinen und grossen Katastrophen vorlaufende Signale generieren.
Die Sender befinden sich stets innerhalb der oder eng um die Organisation. Doch nur mit systematischer betrieblicher Willensbildung und -umsetzung sowie mit regelmässig vom Betriebsablauf abgeleiteten Informations- und Kommunikationsabläufen und Dokumenten (z.B. nicht nur mit geprüften Finanzzahlen, sondern auch mit korrekter Protokollführung) sind solche Trägheit zu beseitigen. Dazu ist aber auch aufmerksames Personal notwendig: Management mit monothematischem Wissen von der gleichen Bildungsinstitution und zu wenig praktischer Erfahrung, wie es in der Schweiz oft vorkommt, schafft nicht die beste Voraussetzung dazu.
Produktivität und Effizienz fördert Absatz und Profitabilität
Marketingleute monopolisieren die interne Kommunikation gerne zu Werbe- und Absatzzwecken. Doch nur mit flächendeckender, also systematischer interner Kommunikation lernt, arbeitet und führt eine Organisation effizient. Heutige interne Kommunikatorinnen und Kommunikatoren verhelfen dem Betrieb, dynamischer und fehlerresistenter zu werden. Sie haben über die letzten fünf Jahrzehnte gleichzeitig das Archivwesen, die Geschäfts- und Vertragsdokumentation zusammen mit der darauf abgestützten Geschichtsforschung, die Führungskultur, das Meldewesen, das soziale Verantwortungsgefühl, die Digitalisierung und die Prognose in die interne Kommunikation und damit in die Betriebe integriert. All das hat zu wesentlichen Leistungsverbesserungen geführt.
Zu oft übersehen aber Betriebe, dass heute die Einsetzbarkeit, die Qualität und der Ruf eines Produktes aus mannigfaltigen Elementen zusammengesetzt sind. Deshalb betrachten sie die Reorganisationsaktivitäten auch zu oft als einzige Veränderungsmethode. Vergessen wird, dass sich Verbesserungen in kleinen Schritten schneller und einfacher einführen lassen. Nur so lassen sich Defizite in der Produktion und in der Effizienz vermeiden. Sonst kommen heute Organisation schnell in Schieflage. Die schweizerische Wirtschaftsgeschichte erzählt davon Bände.
Organisationen sind stets Informations- und Kommunikationszentren
Das Mindeste, was Organisationen heute produzieren, ist Information. An zweiter Stelle steht Kommunikation. Erst dann folgt heute meist die Produktion. Betriebe fügen sich deshalb auch stärker in die Medienwelt ein. Doch Achtung: Storytelling sowie Push- und Pull-Meldungen steigern gern die Erwartungen der Konsumenten, sofern diese überhaupt noch empfänglich dafür sind. Deshalb müssen Firmen ihre Geschichte, besonders aber diejenige ihrer Produkte und Dienstleistungen einfach besser kennen, als es ihre Kunden, Medien und Politiker tun. Die Digitalisierung nur zu benutzen, um beim Kunden Daten abzusaugen und ihn über Apps, Systeme und Dienstleistungen ans Produkt zu binden, führt also ins Abseits. Die Informatisierung schafft es aber, dass heute auch kleinste Organisationen professionelle Datenverarbeitung und -aufbereitung einsetzen können. Zudem sind sie nicht mehr an bestimmte Produktionsstätten gebunden.
Eines ist bei all dem sicher: Produkt- und Image-Pflege beginnt heute intern, eben über interne und integrierte Information und Kommunikation.
Früher mussten sich Betriebsjournalisten auf das verlassen, was ihnen die Organisation zuspielte. Heute bestehen zwischen Medien, Verwaltungen und Betrieben mannigfaltige konventionelle und digitale Verbindungen. Dazu gesellen sich die zahllosen informellen und formellen Netzwerke der modernen Arbeitswelt. Dadurch lassen sich Informationen praktisch ständig plausibilisieren. Für Betriebe ist Letzteres heute eine bedeutende Aufgabe, die aber zusammen mit anderen unternehmenskommunikatorischen Zielen vereint werden müssen. So lassen sich z.B. Image- und Reputationsfragen, Richtigstellungen bei Rufschädigungen, Lizenz- sowie Kopierrechtsaspekte, usw. fundierter und schneller abarbeiten. Und sogar Betriebsspionage und IT-Probleme sind in solchen betrieblichen Netzwerken schneller aufspürbar.
Die Feststellung liegt hier also nahe: Digitalisierung ist gut, Information und Kommunikation mit der Belegschaft ist besser!
Frage 3: Was macht die interne Information und Kommunikation auch künftig erfolgreich?
Aufmerksamkeitsökonomie der internen Kommunikation
Wahr ist nicht, was stimmt, sondern was am stärksten interessiert. Das Bild kommt vor dem Text. Harte überdecken weiche Fakten. Das gilt nicht nur für die Medien, sondern auch für die interne Kommunikation. Seit Ende der 1990er Jahre erforscht der SVIK das Leistungskonzept der internen und integrierten Information und Kommunikation. Heute gehören nicht nur Information und Motivation der Mitarbeitenden zur fachlichen organisatorischen und personellen Entwicklung des Betriebes. Kommensurabilität (Vergleichbarkeit), Reziprozität (Gegenseitigkeit) und Common Good (Gemeinsamkeit) ersetzen die weicheren Elemente. Dadurch müssen die alten Themenkreise, wie Bilanzkommunikation, Sicherheit, Vorsorge, Hygiene (besonders wichtig in der Pharma-, Agro- und Lebensmittelindustrie), Gesundheit durch weitere Themen ergänzt werden. Je nach Betriebsgrösse und -organisation gehören heute die soziale Verantwortung, Meldestellen und sogar Compliance und Innovation, Betriebssprache und Kultur, ein Teil der Aus- und Weiterbildung sowie Fragen der Fehlerkultur auch dazu.
Leistungskonzept «Information und Kommunikation» wie das Zahlenwesen
Das Leistungskonzept des Zahlenwesens ist allgemein bekannt. Ergänzend dazu führten schon vor über vierzig Jahren die ersten Firmen systematische Informations- und Kommunikationskonzepte ein. Der SVIK hat seither das Leistungskonzept «interne Kommunikation» weiterentwickelt und gefördert. Dadurch haben sich die medialen Aktions- und Reaktionszeiten der Betriebe wesentlich beschleunigt: Vom Konzept über Strategie und Taktik zur Realisierung in einem Schwung. Die Führungsetage erhält heute dazu die nötigen Markt-, Produkte-, Rohstoffinformationen in Sekundenschnelle. Politische und fachliche Entwicklungen entgehen keinem Betrieb mehr. Damit sind Aussagen und Handlungen einer Organisation praktisch aus dem Stand produzierbar.
Die Corona-Krise hat aber gezeigt: Effiziente betriebliche Information und Kommunikation erträgt nur wenige konventionelle und digitale Kanäle. Diese müssen – erstens ̶ durch detaillierte Analysen zweckdienlich für die Ebenen des betrieblichen Normal-, Reorganisations- und Krisenfalls ausgelegt werden. Dann – zweitens ̶ sind die Informationselemente für die verschiedenen hierarchischen und fachlichen Mitarbeiter-Ebenen aufzuarbeiten. Wo grosse Firmen ein Medienzentrum betreiben, werden deshalb auch kleinere, schlagkräftige Teams für die IK eingesetzt. Es sind letztlich diese Mitarbeitenden, welche die Leistungen der Organisation authentisch von der Vergangenheit über die Gegenwart in die Zukunft lenken. Das Ergebnis: gesteigerte Effizienz und Produktivität. Dadurch entsteht Vertrauensgewinn nicht nur in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft, sondern auch bei den Mitarbeitenden.
Quellenangaben
[1] Alfred DuPont Chandler: The Visible Hand, 1972 (… the firm structure must follow strategy …)
[2] Aristoteles (384 – 322 BC): griechischer Philosoph
[3] John Locke (1632 – 1704): englischer Arzt, Philosoph, Aufklärer, Vater des Liberalismus
Kurzporträt Daniel L. Ambühl

Zu den zahlreichen Aus- und Weiterbildungsaufträgen über die letzten 20 Jahre in KMUs und Grossunternehmen, in kantonalen und eidg. Verwaltungseinheiten sowie Bildungsinstitutionen gibt Ihnen der Autor Daniel L. Ambühl gerne Auskunft.
Bildnachweis: Titelbild Nataliia Trushchenko auf Adobe Stock, generiert mit KI
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