Dr Einstein vom Thierstein. Mundart Schweiz Nr. 3

In der Mundart des Schwarzbubenlandes sind Walter Studers Gedichte gesammelte Lebenserfahrungen des menschlichen Seins.

Oder wie es Walter Studer, Mundartdichter aus Breitenbach im solothurnischen Bezirk Thierstein, selbst in Worte fasst: «Mundartgedicht us’em Schwarzbuebelang über Höch und Tief, über Freud und Leid, über Schöns und s Gegeteil».[1]

Linard Candreia hebt in Walter Studers Werk hervor, «wie locker und frei der Breitenbacher die Gedanken losschickt.»[2] Walter Studer selbst gab einem Gedichtband sinnbildlich den Titel «Gedanken ohne Schranken». So schicken wir die geneigte Leserschaft umgehend los zu Gedichten und Gedanken von Walter Studer.



Läbensweisheite

Sich nit sölle scheniere
Nie wölle resigniere
Halt no einisch probiere
Und scho gar nit plagiere
Immer gueti Maniere
Nit allewyl pressiere
Nit alles dureschtiere
Und o emol chönne verliere


Mys Huus

Do stoh’ni uf de Bei
Do bi’ni dehei
Do tue’ni wohne
Do tue’ni throne


Hee, lueg doch

Hee, lueg doch, wo de stohsch
Hee, lueg doch, wo de gohsch
Nei tramp nit i Pfütze
Süscht tuets dräggig sprütze
Und niemerem nüt nütze


Churz und bündig

Gliebt – gläbt – gnosse
Us – vorby – verflosse


Jo-jo

Syt Johre verehrt
Syt Johre begehrt
Syt Johre verwehrt
Was mach i verchehrt


Und der Poet Walter Studer dichtet gekonnt gerafft, er kann kurz, sehr kurz wie im Schmunzelgedicht «Frühlingserwachen».


Frühlingserwachen

Hokus Pokus.
Krokus.


Heimetvogel

Vogel sing – sing
Sing mir dys schönschte Lied

Vogel schwing – schwing
Schwing dyni Flügel und flieg

Vogel flieg – flieg
Flieg über Wald und Fäld

Vogel du – du
Du bisch my Freud uf dr Wält



Ä Hampfle Suurampfere

Suuri Lüüt
Suuri Miine
Suure Bligg
Suuri Bire
Suuri Gurge
Suuri Öpfel
Suure Chlee
Suure Räge
Suure Mogge
Suurchrut
Suurstoff
Surrealischte
Survivre



Kurzporträt Walter Studer
Walter Studer (1928-2025) wollte bereits als Kind Erfinder werden. Er war an allem Mechanischen interessiert und absolvierte eine Mechanikerlehre, danach besuchte er technische Kurse und wurde Maschinenzeichner. «Er, der mit vierzig noch den Abschluss in Elektrotechnik an der HTL-Abend-Ingenieurschule Solothurn-Grenchen machte, hatte schon eine lange Karriere als Mechaniker, Formenbauer für Kunststoffe, Fabrikationschef, Entwickler und Designer von Haushaltsapparaten und von Kabeln und Drähten hinter sich», hält Thomas Brunnschweiler im WochenBlatt fest, um verblüffende Facetten des Ingenieurs und Literaten Walter Studer offenzulegen: «Während seiner Zeit bei der Brac bekam er das Patent für eine Plastikuhr, die aber aus Skepsis gegenüber einer solch verrückten Idee nie produziert wurde; einige Jahre später sollte ein gewisser Nicolas Hayek den Markt mit der Swatch-Uhr aus Plastik erobern. In der Isola gelang es Studer, das dünnste Kabel der Welt herzustellen.»

Neben seinem Beruf wandte sich Walter Studer dem Schreiben und Fotografieren zu. Er arbeitete als Reporter für «Die Nordwestschweiz». Zwischen 1982 und 2022 hat Walter Studer 18 eigenständige Publikationen veröffentlicht. Es handelt sich dabei um Lyrik, Aphorismen, Biografien, Heimatgeschichten und regionale Schmunzelgeschichten. Vom Kanton Solothurn erhielt er 1988 – der Geehrte stand im 60. Altersjahr – den Kulturpreis. Autor Thomas Brunnschweiler würdigt Walter Studer als grossen «Schwarzbueb» und«Thiersteiner Urgestein mit Widersprüchen», er war «ein Autodidakt, ein Dilettant im besten Sinne und ein Allrounder, wie es sie selten noch gibt.» Für Werbeauftritte modelte er als Albert Einstein, was ihm prompt den neckischen Namen «Einstein vom Thierstein» einbrachte. Thierstein ist ein Bezirk im Kanton Solothurn, der einen Teil des Schwarzbubenlandes in der Region Basel umfasst.


Quellen

[1] Walter Studer: Durch Nacht zum Tag. Gedichte aus dem Schwarzbubenland. Band 2 – Mundart. Selbstverlag. Breitenbach 2013. Seite 1.
[2] Ebenda. Nachwort von Linard Candreia, Schriftsteller, Laufen (BL), Seite 317.

Es wurde noch kein Kommentar veröffentlicht.

Schreiben Sie einen Kommentar

Kontakt