Während Teil 1 das Profil der Schweiz im Standortwettbewerb von 21 Industriestaaten untersucht hat, legt Teil 2 dieser Serie die Rangierung der Schweiz für alle Erfolgsfaktoren offen. Dr. Hans-Jörg Bertschi, Co-Präsident Swiss Family Business und Verwaltungsratspräsident der Bertschi AG, zeigt zudem im Interview auf, welche Standortbedingungen die Attraktivität der Schweiz für Familienunternehmen sichern respektive steigern.
Die Studie «Länderindex Familienunternehmen» analysierte 2024 zum zehnten Mal die Wettbewerbsfähigkeit von 21 Ländern in den für das Geschäftsmodell von Familienunternehmen entscheidenden Erfolgsfaktoren „Steuern“, „Arbeit“, „Regulierung“, „Finanzierung“, „Infrastruktur und Institutionen“ und „Energie“.
Deutlich sichtbar macht den Handlungsbedarf die von SICHTWEISENSCHEIZ.CH eigens zusammengestellte Rangliste mit allen Rangierungen der Schweiz im internationalen Standortvergleich.
Für alle untersuchten Messgrössen (Subincides und Indikatoren) hat SICHTWEISENSCHWEIZ.CH die Platzierungen der Schweiz gelistet.
Erfreulicherweise schaffte es die Schweiz sieben Mal auf Rang 1.
Zu finden ist die Schweiz auch am Tabellenende, etwa bei den Strompreisen sowie Gas- und Kraftstoffpreisen auf dem 20. Platz, bei den Arbeitskosten (EUR pro Stunde) sowie den tarifären und nicht-tarifären Handelshemmnissen (Aussenhandel) gar auf dem letzten Platz.
Rangierung der Schweiz Overall
- Rang 5: Schweiz insgesamt auf Rang 5 von 21 Vergleichsländern
Rangierung der Schweiz im Vergleich zu 21 Ländern
- Rang 1: Geringe Komplexität des Steuersystems
- Rang 1: Kreditmarkt
- Rang 1: Kriminalität und politische Stabilität
- Rang 1: Sovereign Ratings: Langfristige Fremdwährungsratings
- Rang 1: Stromversorgungssicherheit
- Rang 1: Energieimportrisiko
- Rang 1: Steuerliche Regelungen im Erbfall
- Rang 2: Arbeitsmarkt: Kündigungsschutzregeln
- Rang 2: Arbeitsstundenproduktivität (86 Euro pro Stunde)
- Rang 2: Infrastruktur und Institutionen (Subindex)
- Rang 3: Informations- und Kommunikationsinfrastruktur
- Rang 3: Regulierungen im laufenden Geschäftsbetrieb
- Rang 3: Transportinfrastruktur
- Rang 4: PISA-Ergebnisse
- Rang 6: Betriebliche Mitbestimmung
- Rang 6: Finanzierung (Subindex)
- Rang 6: Korruptionskontrolle
- Rang 6: Kreditinformation
- Rang 6: Rechtssicherheit
- Rang 6: Steuern (Subindex)
- Rang 7: Bildungsniveau
- Rang 9: Regulierung (Subindex)
- Rang 9: Steuerbelastung bei grenzüberschreitender Geschäftstätigkeit
- Rang 12: Geschäftsgründungen
- Rang 12: Gläubigerschutz
- Rang 12: Steuerbelastung bei nationaler Geschäftstätigkeit
- Rang 15: Arbeitskosten, Produktivität, Humankapital (Subindex)
- Rang 16: Bildungsausgaben
- Rang 17: Klimaziele
- Rang 18: Energie (Subindex)
- Rang 19: Verschuldung
- Rang 20: Gas- und Kraftstoffpreise
- Rang 20: Strompreise
- Rang 21: Arbeitskosten (EUR pro Stunde)
- Rang 21: Aussenhandel tarifäre und nicht-tarifäre Handelshemmnisse
Rangierung der Schweiz zusammengestellt von SICHTWEISENSCHWEIZ.CH basierend auf der Studie «Länderindex Familienunternehmen» (Stiftung Familienunternehmen, Januar 2025, 10. Auflage)
Was tut die Schweiz? Standortbedingungen für Familienunternehmen
Der Länderindex Familienunternehmen vergleicht die Standortbedingungen für Familienunternehmen in 21 Industrieländern.
Konzeptionell orientiert sich der Standortvergleich an den Faktoren, die für die Geschäftsmodelle grosser Familienunternehmen erfolgsentscheidend sind. Er gibt damit Aufschluss über strukturelle Stärken und Schwächen eines Standorts, die langfristig von Bedeutung sind.
Interview mit Dr. Hans-Jörg Bertschi, Co-Präsident Swiss Family Business und Verwaltungsratspräsident der Bertschi AG

Spezialisiert auf intermodale Transporte, ist die Bertschi AG heute ein global tätiger Chemielogistiker. Durch die Kombination von Schiene, Wasser und Strasse sparen wir gegenüber dem reinen Strassentransport jährlich über 300’000 Tonnen CO2-Emissionen ein.
Swiss Family Business ist eine Plattform von familien- und inhabergeführten Unternehmen. Als Interessenorganisation vertritt sie gegenüber den politischen Entscheidungsträgern, den Behörden und der Öffentlichkeit die Anliegen von Familienunternehmen.
SICHTWEISENSCHWEIZ.CH hat bei Dr. Hans-Jörg Bertschi, Co-Präsident Swiss Family Business und Verwaltungsratspräsident der Bertschi AG, nachgefragt. Hier das Interview.
Ausweislich der Rangliste: Bei welchen Messgrössen orten Sie Handlungsbedarf? Welche Massnahmen sind zu ergreifen, um den Standort Schweiz für Familienunternehmen langfristig zu stärken, damit Familienunternehmen in der Schweiz bleiben?
Hans-Jörg Bertschi: «Die Attraktivität der Schweiz für Familienunternehmen setzt sich aus ganz unterschiedlichen Faktoren zusammen, die in der Summe stimmen müssen. Die hohen Arbeitskosten sind aber eine zunehmende Herausforderung für die Schweizer Familienunternehmen. Hier darf die Schweiz gegenüber dem europäischen Ausland resp. vergleichbaren Industrieländern nicht weiter an Boden verlieren. Gleichzeitig stehen wir bei der Besteuerung im internationalen Vergleich zwar gut da. Der derzeitige innenpolitische Druck für höhere Abgaben und Steuern ist aber gross. Dem müssen wir entgegenwirken. Andernfalls verliert die Schweiz rasch an Attraktivität.»
Was muss verbessert werden, damit neue Familienunternehmen auch künftig in die Schweiz kommen?
Hans-Jörg Bertschi: «Die politische Stabilität, die hohe Rechtssicherheit, ein transparentes und effizientes Steuersystem sowie gut ausgebildete Arbeitskräfte sind wichtige Faktoren, damit Familienunternehmen einen Umzug in die Schweiz in Betracht ziehen. Es liegt in unserem Interesse, dass wir diese Faktoren pflegen.»
Welche neuen Anreize sind zu schaffen? Etwa in ausgewählten Bereichen zu „Steuern“, „Arbeit“, „Regulierung“, „Finanzierung“, „Infrastruktur und Institutionen“, „Energie“?
Hans-Jörg Bertschi: «Es geht aus unserer Sicht nicht primär darum ein System von (neuen) finanziellen Anreizen zu schaffen. Wir müssen dafür sorgen, dass die verschiedenen Bereiche nicht mit immer einschneidenderen Gesetzen und Verordnungen laufend eingeschränkt und immer weiter reglementiert werden. Das schränkt nicht nur die wirtschaftliche Handlungsfreiheit ein, sondern führt auch zu einem starken Anwachsen des Staatsapparates, der letztlich über neue Steuern finanziert werden muss. Insbesondere für die industriellen Unternehmen sind die hohen Energiepreise eine grosse Herausforderung. Die Schweizer Familienunternehmen brauchen eine sichere und stabile Versorgung mit sauberer und bezahlbarer Energie.»
Wofür sollen künftig prioritär knappe finanzielle Mittel für staatliche Bereiche wie Bildung, Infrastruktur, Digitalisierung und Verwaltungsmodernisierung genutzt werden?
Hans-Jörg Bertschi: «Bund, Kantone und Gemeinden sind zu einem haushälterischen Umgang mit ihren finanziellen Mitteln aufgerufen. Bildung und Infrastruktur sind zwei zentrale staatliche Aufgaben, die wahrgenommen werden müssen. Aber auch in diesen Bereichen sind die Mittel möglichst effizient einzusetzen, sodass sie den grösstmöglichen Nutzen schaffen. Gleichzeitig müssen auch Mittel für die Digitalisierung und die Verwaltungsmodernisierung zur Verfügung gestellt und eingesetzt werden – insbesondere in Hinblick auf ein mittel- oder längerfristiges Einsparpotenzial.»
SICHTWEISENSCHWEIZ.CH dankt Dr. Hans-Jörg Bertschi für das Interview.
Quellenangabe

Verfasst haben die Studie die Autoren Prof. Dr. Friedrich Heinemann, Hannah Gundert und Dr. Stefan Weck vom ZEW Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung GmbH in Mannheim und Dr. Margit Kraus von Calculus Consult.
Der Länderindex Familienunternehmen ist das einzige grosse Standortranking, das aus der Perspektive grosser Familienunternehmen erarbeitet wird. Auftraggeber ist die Stiftung Familienunternehmen. Der Länderindex wird seit 2006 im zweijährigen Rhythmus und somit bereits in der zehnten Auflage berechnet.
Bildnachweis: Bertschi AG
Es wurde noch kein Kommentar veröffentlicht.